„Prävention“ – ein Wort, das an diesem Tag im Grazer Spezialitätenlokal Goldkost häufiger zu hören sein sollte. Auch wenn es um die Gesundheit von Betrieben geht, spielen Vorbeugung und rechtzeitiges Gegensteuern eine Schlüsselrolle. Ein Befund, dem beim WirtschaftsTalk der Kleinen Zeitung einhellig beigepflichtet wird. Unter dem Titel „Restrukturierung als Chance – Kurswechsel mit Zukunft“ – diskutierten Wirtschaftsvertreterinnen und -vertreter über die Notwendigkeiten und Voraussetzungen rund um die unternehmerische Fitness. Als Impulsgeber fungierte Peter Kofler, Partner beim Beratungsunternehmen Rabel & Partner / Deloitte in Graz.
Das Plädoyer des Experten für Restrukturierung und Sanierung: „Es geht darum, wie Unternehmen mit Veränderung umgehen, Restrukturierung ist oft negativ konnotiert, dabei sollte es ein ganz normales Managementtool in allen Betrieben sein.“ Denn der Faktor Zeit sei bei Umbrüchen entscheidend, je später reagiert werde, „desto kleiner seien die Handlungsräume und geringer die Optionen“. Restrukturierung, so Kofler, werde häufig mit einem Sanierungsverfahren, also einer Insolvenz, gleichgesetzt, dabei gebe es zahlreiche Stufen dazwischen, „das ist viel mehr als nur eine Bewältigungsstrategie für akute Liquiditätskrisen“. Voraussetzung dafür: Schnelle Reaktion und die genannte Prävention. „Gerade in Zeiten, in denen wir mit so vielen Umbrüchen, Verwerfungen und Disruptionen konfrontiert sind, muss man mit Veränderungen anders umgehen – und sich regelmäßig hinterfragen und versuchen, das Ganze auch immer in Zahlen zu gießen“, so Kofler.
Es gehe darum, „Wettbewerbsanalysen und Planungsmodelle zu erstellen, Handlungsoptionen abzuwägen und zu bewerten“. Jenen Unternehmen, die sich auch vor einer etwaigen Krise ständig mit Restrukturierung aufgrund externer Veränderungen auseinandersetzen, „bleiben noch viel mehr Möglichkeiten, um das abzufedern, etwa über Teilverwertungen oder sogar strategische Investitionen – und das in einer viel entspannteren Atmosphäre“. Weise der Weg doch in Richtung Insolvenz, sei es wichtig, dass man mit allen Playern harmoniert, von den Banken über die Gläubiger bis hin zur Sanierungsverwaltung. „Klar ist aber, dass die Handlungsräume dann schon viel kleiner sind.“
„Sonst bleibt im schlimmsten Fall nur die Not-Operation“
Die Dauer vom ersten Krisenindikator bis hin zu einer ersten Reaktion, also bis etwa ein Spezialist aufgesucht wird, liege laut Studien bei rund 20 Monaten, „das sind fast zwei Jahre“. Auch seine eigene Beratungspraxis zeige, „dass viele Kunden erst kommen, wenn es fünf vor zwölf ist“. Kofler bemüht eine Analogie zur Gesundheitsvorsorge: „Auch beim Arztbesuch ist es natürlich sinnvoller und vernünftiger, das proaktiv und präventiv zu machen – sonst bleibt im schlimmsten Fall nur die Not-Operation, das ist auch im Restrukturierungsbereich so ähnlich“. Das Thema, so Kofler, sollte in einem Krisenprozess jedenfalls „viel, viel früher ansiedeln“. Klar sei, dass die vergangenen Jahre die herausforderndsten seit Jahrzehnten waren, „das Tempo des Wandels wird auch nicht abnehmen, die Innovationszyklen werden kürzer, der Wandel wird sich weiter beschleunigen“, zeigt sich Kofler überzeugt.
Zahlreiche Gäste aus der Wirtschaft
Auf Einladung von Geschäftsführerin Xenia Daum und Andreas Prückler von der Kleinen Zeitung debattierten u. a. Sigmund Loibner, Risikovorstand der Steiermärkischen Sparkasse, Daniel Maier, Spezialist für Unternehmenssanierung bei der Raiffeisen Landesbank Steiermark, der Grazer Stadtrat Günter Riegler, Gerald Kainz (Uniqa) sowie Nina Zechner, stv. Geschäftsführerin der Industriellenvereinigung Steiermark und Wolfgang Malik, Chef der Holding Graz. Unter den Diskutanten und Zuhörern waren auch der Orthopäde Gerd Ivanic, Martin Groß (Edenred Austria), Sandra Zach Rabl (Iventa), Michael Weissensteiner (Volksliedwerk), Helmut Röck (WKO Steiermark), Harald Kopeter (Corporate Media Service GmbH), Daniela Beutle (Ankünder), Michaela Haller (Lesezentrum Steiermark) und Immobilien-Experte Andreas Koller.