Donald Trumps unberechenbare Zoll-Politik trifft Österreich massiv, sagt der Handelspolitik-Experte der Industriellenvereinigung, Igor Sekardi. In einer Zeit, da Österreichs Industrie ohnehin unter hohen Lohn- und Lohnnebenkosten, hohen Energiepreisen, schwacher Konjunktur und Fachkräftemangel leidet, generiere Trumps Verhalten und die Verunsicherung dadurch „eine toxische Mischung“ für die heimische Wirtschaft.

Österreichs Exporte waren im Vorjahr um fünf Prozent rückläufig. Einzig die Ausfuhren in die USA haben die heimische Exportwirtschaft über Wasser gehalten: Sie nahmen – gegen den Trend – um über zehn Prozent zu. „Amerika ist Österreichs zweitwichtigster Handelspartner nach Deutschland. Und für Deutschland wiederum ist die USA der wichtigste Exportmarkt. Die US-Zölle bremsen zwar die gesamte Weltwirtschaft, sie treffen Österreich aber überproportional stark“, sagt Sekardi. Waren im Wert von 16 Milliarden Euro exportierte Österreich im Vorjahr in die USA, davon eine Milliarde im Bereich Alu und Stahl, weitere 2,8 Milliarden im Kfz-Bereich. Produkte bzw. Werte, die jetzt von Trumps 25-prozentigen Zusatzzöllen betroffen sind. Und das sind nur zwei Beispiele.

Igor Sekardi ist Bereichsleiter für Internationale Beziehungen und Märkte in der Industriellenvereinigung
Igor Sekardi ist Bereichsleiter für Internationale Beziehungen und Märkte in der Industriellenvereinigung © IV/KK

Auch der Handelsstreit USA/China werde Europa treffen. „Wenn asiatische Produkte nicht mehr in die USA geliefert werden können, kommen sie nach Europa. Allein chinesische Importe nach Europa könnten um sechs Prozent zunehmen - das bringt heimische Produzenten unter Druck.“

„Mercosur liegt ausverhandelt am Tisch“

Es gelte, mit den USA im Gespräch zu bleiben und einen umfassenden „Deal“ zu schließen. Daneben heißt es, neue Märkte zu identifizieren und Handelsabkommen abzuschließen. „Mercosur mit Südamerika liegt ausverhandelt am Tisch. Es wird Zeit, es klar zu machen. Mit Indien und Mexiko, auch mit Malaysia wird verhandelt. Der Rest der Welt fängt an, sich stärker zu integrieren - auch Europa sollte neue Partner suchen“, sagt Sekardi.

Und gerade hier liege die Chance für Österreich bzw. Europa, aus Trumps Planspielen eine „Steigerung unserer Wettbewerbsfähigkeit abzuleiten und uns besser aufzustellen“.

Dass Trump mit den Zöllen unter anderem das Handelsdefizit der USA mit Europa ausgleichen will, kann Sekardi verstehen - aber nur bedingt. „Das Bild - Export ist gut, Import ist böse - stimmt nicht.“

Importe senken Preise, wirken inflationsdämpfend. Oder umgekehrt: Je weniger Marktteilnehmer, desto höher der Preis. „Amerika nimmt sich durch die Zölle selbst Wettbewerbsfähigkeit“, erinnert Sekardi an die Theorie des „komparativen Kostenvorteils“, die der britische Ökonom David Ricardo Ende des 19. Jahrhunderts aufgestellt hat. Sie besagt, dass sich jedes Land auf Produktion und Export derjenigen Güter spezialisieren sollte, die es mit dem kleinsten Kostennachteil - also dem größten vergleichbaren Kostenvorteil - produzieren kann; und begründet damit, dass grenzüberschreitende Tauschprozesse den Wohlstand beider Handelspartner steigern. Sekardi: „Aber Trump findet Warenhandelsdefizite warum auch immer unfair. Er hätte am liebsten mit jedem Land eine ausgeglichene Handelsbilanz.“ Auch Trumps Rechnung, über Zölle Einnahmen für seinen Staatshaushalt zu generieren, könne laut Sekardi nicht aufgehen. „Wenn durch die Zölle die Importe zurückgehen, gehen ja auch die Zolleinnahmen zurück.“