Der Zollkrieg des amerikanischen Präsidenten mit den Einbrüchen des Aktienmarktes treibt Anleger weiter in den „sicheren Hafen“ Gold. Das Edelmetall übersprang am Freitag erstmals die Marke von 3200 Dollar je Feinunze und steigt auf ein Rekordhoch von 3233 Dollar (2849 Euro). Damit hat der Goldpreis nach insgesamt 38 Rekorden im vergangenen Jahr heuer auf Basis der geschwächten US-Währung bereits um die 18 Prozent zugelegt, eurobasiert sind es immerhin 11 Prozent.
Die kurze Schwächephase des Goldmarkts in den vergangenen Tagen ist somit erst einmal beendet. Nach dem vor einer Woche erreichten Rekordhoch von fast 3168 Dollar an der Börse in London kam es zu Gewinnmitnahmen und der Preis sackte bis auf fast 2950 Dollar ab.
Seit der Ankündigung von Strafzöllen durch die USA verzeichnet man auch bei der Münze Österreich einen sprunghaften Anstieg der Goldnachfrage. „Täglich erreichen wir neue Rekordwerte – sowohl beim Preis als auch beim Absatz“, sagt Münze Österreich-Sprecherin Andrea Lang. Dass der Goldpreis unmittelbar nach der Wahl Trumps kurz gesunken ist, hätten viele Kunden genutzt, um zu investieren.
In den ersten 10 Tagen des Februar habe man 1120 Unzen Wiener Philharmoniker in Österreich verkauft, im März 3580 und im April 5031 Unzen. „Das zeigt gut die Tendenz.“ Bei Barren sei man bei einigen Größen leider ausverkauft, der Wiener Philharmoniker sei aber ohnehin „zu allen Zeiten Europas liebstes Anlageprodukt“.
Die Treiber der Goldrally
Getrieben wird die Goldrally vom rapiden Kursverfall der US-Währung, sagt Anlagestratege Ilya Spivak, Chef-Volkswirt des Anlageberaters Tastylive. Dies sei eine Folge des Ausverkaufs bei US-Aktien und -Anleihen. Angesichts des erratischen Agierens von Donald Trump wäre erwartbar gewesen, dass der sichere Hafen der US-Treasuries, also amerikanischer Staatsanleihen, viel Zuspruch findet. Diese werden aber massiv abverkauft, zusätzlich befindet sich der US-Dollar im freien Fall. Das bedeutet, dass die Welt das Vertrauen in die Vereinigten Staaten, in den US-Dollar und auch in den US-Kapitalmarkt verloren hat. Das begünstigt Gold“, erklärt Goldmarktexperte Ronald-Peter Stoeferle, Autor des jährlichen Reports „In Gold We Trust“ und Mitgründer der Vermögensverwaltung Incrementum in Liechtenstein, den Bullenmarkt beim Edelmetall.
Bisher sei dieser Bullenmarkt von den Schwellenländern getrieben worden, wie Stoeferle erklärt – einerseits von Privatinvestoren aus China oder Indien, der Türkei und dem arabischen Raum, andererseits von den Notenbanken, die bereits drei Mal in Folge mehr als 1000 Tonnen Gold pro Jahr gekauft hätten. Zum Vergleich: Die USA als größter Goldhalter der Welt (vor Italien, Frankreich und Deutschland) bringt es auf rund 8000 Tonnen Gold als Währungsreserven, „in China und Russland sind es jeweils um die 2000 Tonnen, die kaufen aber zu“, sagt Stoeferle. „Auch das ist ein Treiber für die Preisrally.“
„Das ändert sich jetzt schlagartig“
Nun wirkt es für den Goldexperten so, als würden langsam Investoren im Westen aufspringen. „Der Westen hat die Rally beim Gold bisher verpasst, jetzt versucht man, doch noch daran teilzunehmen.“ Zu Trumps Versuch einer Neuordnung des Geld- und Finanzsystems sagt er: „Gold wird dabei eine Rolle spielen, man spricht auch offen von der Neubewertung der US-Goldreserven. US-Finanzminister Scott Bessent sagt von sich, er sei ein Gold-Bug, also ein Gold-Fan. Er sagt, sein größtes Investment privat sei Gold.“ Stoeferle kommt zum Schluss, dass es in einer zweigeteilten Welt mit China als zentralem Feind ein neutrales Reserve-Asset braucht. „Wenn Trump den Dollar als Waffe bewusst schwächen will, dann muss es ein kommunizierendes Gefäß geben: Historisch war das schon immer Gold.“ Dass das Edelmetall in der Vergangenheit nie so richtig ernst genommen wurde, weder von der Politik, noch von den Investoren, ändere sich jetzt schlagartig.
Prognosen für die Goldpreisentwicklung haben freilich den Charakter von Kaffeesudleserei, der Goldexperte sieht aber kein Ende des Bullenmarktes und 4800 Dollar pro Feinunze als langfristiges Kursziel. Möglichkeiten böte auch „sogenanntes Performancegold, etwa Goldminenaktien, im Windschatten des Edelmetalls“.