Die Inflationswelle in der Eurozone klingt ab, doch die Sorge um die schwache Konjunktur wächst. Die Währungshüter der EZB haben daher am heutigen Donnerstag abermals an der Zinsschraube gedreht und die Leitzinsen um 0,25 Prozentpunkte gesenkt. Der richtungsweisende Einlagenzinssatz sinkt damit um 0,25 Prozentpunkte auf 3,0 Prozent. Es ist der vierte Schritt nach unten in diesem Jahr. Die Euro-Wächter um Notenbankchefin Christine Lagarde hatten im Juni die Zinswende eingeläutet. Mit ihrem aktuellen Beschluss hält die Zentralbank an ihrem Ansatz der vorsichtigen kleinen Zinsschritte nach unten fest.
Dieser Zins, den Banken für bei der EZB geparkte Gelder erhalten, ist für Sparer relevant. Banken orientieren sich daran und geben sinkende Einlagenzinsen in Form niedrigerer Tages- und Festgeldzinsen an ihre Kundschaft weiter. Der Einlagensatz gilt mittlerweile als Leitzins für die Eurozone. Der Zinssatz, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Geld bei der EZB besorgen können, sinkt von 3,40 auf 3,15 Prozent.
Zuletzt ist die Sorge der Währungshüter um die schwache Wirtschaft im Euroraum gewachsen, obendrein drohen Handelskonflikte mit dem designierten US-Präsidenten Donald Trump und Frankreich steckt in der Regierungskrise.
Wie geht‘s 2025 weiter?
Für Finanzmarkt-Experten Peter Brezinschek ist die Senkung des Leitzinses um 0,25 Prozent „noch nachvollziehbar“, die Notenbank nähere sich aber nun „in klaren Schritten dem neutralen Zinssatz“ an. Jener Zinssatz, der das Wachstum einer Wirtschaft weder befördert noch behindert. Diesen verortet Brezinschek, EZB-Chefvolkswirt Philip Lane folgend, bei 2,0 Prozent. Er warnt vor einem „zweiten Ast der Inflation“, der sich jetzt auftut, etwa durch um vier Prozent höhere Preise für Dienstleistungen. Dieser werde die Inflation im ersten Halbjahr im Euroraum erneut auf 2,3 bis 2,6 Prozentpunkte und damit deutlich über das Inflationsziel treiben.
„Primäres Ziel der EZB muss die Inflationsbekämpfung bleiben“, so Brezinschek. Er warnt davor, bei der Geldpolitik auf Wachstumsraten fixiert zu sein. „Nicht ein Prozent weniger Zinsen geben der österreichischen Wirtschaft die nötigen Impulse, sondern Sonderstrukturreformen.“ Brezinschek rechnet nach der Zinssenkung am Donnerstag noch mit drei weiteren im Jahr 2025. Wobei bereits im Jänner eine Zinspause möglich sei. Den „Boden“ sieht Brezinschek bei 2,25 Prozent.