Die Arbeitslosigkeit ist im November in Österreich abermals kräftig gestiegen. Ende des Monats waren österreichweit rund 383.963 Personen beim Arbeitsmarktservice (AMS) arbeitslos oder in Schulung gemeldet, das entspricht einem Plus von gut 31.400 Personen bzw. einem Zuwachs von 8,9 Prozent zum Vorjahresmonat. Die Arbeitslosenquote stieg um 0,6 Prozentpunkte auf 7,1 Prozent. „Die weltweite Konjunktur ist schwächer als in den Prognosen erwartet, das bleibt auch auf dem österreichischen Arbeitsmarkt nicht ohne Folgen. Als exportorientiertes Land spüren wir die schwache weltweite Nachfrage und das niedrige Wachstum in Deutschland stärker als Länder, die geringere Exportquoten aufweisen“, kommentiert Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) die Entwicklung.
In der ZiB2 betont er zudem, dass es vor allem die Aussichten sind, die Sorgen bereiten. Die Industrie tue sich in ganz Europa schwer, „wir haben Wettbewerbsfähigkeit verloren“. Es sei aus seiner Sicht ganz wichtig, das auch klar zu sagen, einfach ein Konjunkturpflaster draufzukleben, „das wird nicht helfen“, so Kocher. Das werde nicht in Österreich entschieden, viele der betroffenen Unternehmen exportieren in die ganze Welt, es gehe daher darum, die Wettbewerbsfähigkeit in ganz Europa wieder zu steigern. Hier habe Österreich seine Hausaufgaben zu machen, aber auch ganz Europa. Die Energiekosten, die Lohnstückkosten und die Bürokratie seien stark gestiegen. „Bei all diesen drei Dingen muss es jetzt klare Erleichterungen geben, sonst tun wir uns auch in Zukunft schwer.“
Arbeitsminister Kocher zur Situation am Arbeitsmarkt:
„Glaubwürdige Maßnahmen notwendig“
Gab‘s Fehler in der Vergangenheit? „Es ist kein Geheimnis, dass ich in der Vergangenheit auf Maßnahmen gedrängt habe, für die es dann keine Mehrheiten gab“, so Kocher. Das sei Teil der Demokratie. Das helfe auch jenen Menschen nicht, die nun ihren Job verlieren, „da müssen wir alles tun, damit sie möglichst gut unterstützt werden“. Das passiere auch, er sei in laufendem Austausch. Ein Teil der Probleme sei auch hausgemacht, bei den Energiekosten etwa die Abhängigkeit von einzelnen Lieferanten. Bei den Lohnkosten sei es so, dass die Belastungen der Löhne durch Steuern und Abgaben sehr hoch seien, „auch die Abschlüsse waren sehr gut, das hat zwar die Kaufkraft gestärkt, aber das geht im Moment in die Ersparnisse. Solange es keine Zuversicht gibt, wird dieser Konjunkturmotor nicht wieder starten können“. Für Zuversicht brauche es „glaubwürdige Maßnahmen einer neuen Bundesregierung“. Natürlich werde es gut, wenn auch Impulse von außen, also etwa der deutschen Wirtschaft oder der Weltwirtschaft kommen, „aber wir müssen auch hier unsere eigenen Hausaufgaben machen“, so Kocher. Eine Entlastung des Faktors Arbeit durch eine Lohnnebenkostensenkung wäre aus seiner Sicht wichtig. Die Leistungen aus den Lohnnebenkosten müssten aber erhalten bleiben, es gibt Möglichkeiten der Umschichtung, so Kocher. Der Insolvenzentgeltfonds wäre nicht gefährdet, der Beitrag dazu sei 0,1 Prozent des Bruttolohnes, der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung etwa 5,9 Prozent.
Kritik an Kürzungen der AMS-Mittel will Kocher so nicht stehen lassen, weil es noch kein fertiges Budget für 2025 gebe, das sei immer der Fall, wenn im Herbst gewählt werde. 2024 sei das zweithöchste Budget für aktive Arbeitsmarktpolitik gewesen, „wir hatten in den vergangenen drei Jahren immer sehr hohe Budgets“. Die neue Bundesregierung werde ein entsprechendes Budget beschließen müssen, gerade für aktive Arbeitsmarktpolitik, also u. a. Weiterbildungen, Schulungen, sei das ganz wichtig.
„Ich glaube schon, dass es eine gewisse Verantwortung gibt“
Kocher betonte bereits in der Vorwoche zur Lage bei KTM: „Ich erwarte mir von KTM klare Antworten, wie es passieren konnte, dass es von einer guten Ertragslage und guten Aussichten zu einem Sanierungsverfahren kommt.“ Hat er bereits Antworten erhalten? „Es gibt Ansätze, es ist bekannt, dass die Lager sehr groß geworden sind, also produziert wurde, ohne dass es weltweit die Nachfrage für die Produkte gab“, so Kocher. Aber es gebe weitere Fragen, hier erwarte er sich in den nächsten Wochen Antworten. „Es kann ja nicht nur an Österreich liegen, KTM hat die Produkte weltweit verkauft, es ist eine Nachfrageschwäche in der ganzen Welt, die sich hier auswirkt.“ Es sei aber auch wichtig zu wissen, „da wurden möglicherweise Managementfehler gemacht“. Er verstehe auch den Unmut darüber, dass es noch im April zu Dividendenauszahlungen in Höhe von 17,1 Millionen Euro gekommen ist. Man müsse sich aber genau anschauen, ab wann dem Management bekannt gewesen ist, wie schwierig die Lage wird. Er wolle aber auch keine Vorverurteilungen vornehmen. Sollen die Mitgesellschafter wie Stefan Pierer einen finanziellen Beitrag leisten? „Das kann ich von außen nicht beurteilen, aber ich glaube schon, dass es eine gewisse Verantwortung gibt.“