Apple und die hauseigenen AirPods. Anfangs war es eine unscheinbare, jetzt noch immer eine zumindest geheimnisvolle Beziehung. So ist es für Außenstehende auch acht Jahre nach dem Marktstart nicht nachvollziehbar, wie viel Geld der US-Gigant mit seinen kabellosen In-Ear-Kopfhörern tatsächlich verdient.
Klar ist nur: 40 Milliarden US-Dollar – also immerhin rund zehn Prozent der gesamten Erlöse – setzte Apple 2023 in der Sparte „Wearables, Home and Accessories“ um. Also mit jenem Bereich, zu dem auch die AirPods zählen. Schätzungen zufolge machen diese wiederum zumindest die Hälfte der Segmentumsätze aus. Ein Indiz, welch Stellenwert die kleinen Kopfhörer in Apples Universum mittlerweile haben.
Ersichtlich wurde dieser auch Anfang September. Als Apple die neue iPhone-Palette herzeigte, stahlen die AirPods der großen Schwester in Wahrheit die Show. Primär hat das mit einer Ankündigung Apples zu tun. „A clinical‑grade Hearing Aid“, also gewissermaßen eine Hörhilfe mit klinischer Qualität, nennt Apple nämlich die neuen AirPods Pro 2, also die rund 250 Euro teure Premium-Linie. Ein Quantensprung für den kalifornischen Riesen und die IT-Branche.
Update dürfte bald kommen
Noch ist die Assistenzfunktion zwar nicht in Apples Betriebssystem integriert, aber es deutet einiges darauf hin, dass die Hörhilfe schon mit dem nächsten Update auf iOS 18.1. auf den AirPods Pro freigeschaltet wird. Erste Tests der Beta-Version lassen vermuten, dass Apple das Service dreiteilt. Neben einer Gehörschutzfunktion in lauten Umgebungen soll es einen Hörtest, für den in der Entwicklung 150.000 reale Audiogramme herangezogen worden sein sollen, und eben die Funktion als Hörhilfe geben. Konzipiert ist die Technologie laut Apple für Menschen mit „mild to moderate hearing loss“, also geringem bis moderatem Gehörverlust.
Von der US-Regulierungsbehörde FDA bekam Apple bereits grünes Licht, die Produkte auch tatsächlich als sogenannte OTC-Hörgeräte vertreiben zu dürfen. Das Kürzel steht für „over-the-counter“ und meint in diesem Zusammenhang, dass bestimmte Produkte niederschwellig, ohne ärztliches Verschreiben, verkauft werden dürfen. Bei Hörgeräten lockerte die US-Politik erst 2022 die diesbezüglichen Regeln. Primär, um Zugang zu Hörhilfen zu erleichtern und die Kosten für Verbraucher zu senken. 30 Millionen erwachsene US-Amerikaner leiden Schätzungen zufolge an einem Hörverlust – aber nur 20 Prozent dieser Menschen nutzen heute Hörgeräte.
Andere Spielregeln in Europa
In Europa ist die Lage vorerst eine andere. „Ob die AirPods mit den beschriebenen Funktionalitäten in Europa auch zugelassen und angeboten werden können, bleibt abzuwarten“, heißt es auf Nachfrage etwa vom steirischen Hörakustiker Neuroth, etablierter Spezialist auf dem Feld der Hörhilfe. Hierzulande sind Hörgeräte zertifizierte Medizinprodukte und unterliegen entsprechenden Vorgaben, In-Ear-Kopfhörer erfüllen diese noch nicht. Klassische Hörgeräte seien laut Neuroth „nicht nur aufwendiger, sondern werden auch von ausgebildeten Hörakustikerinnen und Hörakustikern angepasst“.
Auch deswegen ortet man in Appel und den AirPods erst einmal keine unmittelbare Konkurrenz. „Hörgeräte, die bei entsprechender Indikation von der Krankenkasse voll finanziert werden, wird es von Apple so schnell wohl nicht geben“, lässt man bei Neuroth wissen. Wenngleich man „jede positive Initiative, die sich mit dem Thema Hören beschäftigt, begrüßt“.