Es ist ein bemerkenswertes Ökosystem, das sich in Südösterreich rund um Mikroelektronik etablieren konnte. Es ist mehr als standortpolitische Folklore, wenn sich Kärnten und die Steiermark hier als Hochburgen dieser Zukunftstechnologien etikettieren. Es lässt sich mit einer ganzen Reihe von Daten und Fakten untermauern: In absoluten Zahlen liegt Österreich im EU-Vergleich auf Platz vier hinsichtlich Wertschöpfung, Beschäftigten, Patentaktivitäten sowie auf Platz drei bei privaten Investitionen und Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen der Unternehmen aus der Mikroelektronik-Industrie. Und 80 Prozent dieser Wertschöpfung entfallen auf Kärnten und die Steiermark. Als Taktgeber fungieren große, global tätige Konzerne. Für den Erfolg mitverantwortlich zeichnen aber auch exzellente Forschungseinrichtungen an Hochschulen und kleine, wendige Unternehmen, die bestimmten Nischen ihren Stempel aufdrücken.

Für einen weiteren Schub soll der European Chips Act sorgen, der milliardenschwere Investitionen in diesem Segment vorsieht. Österreich hat bis 2031 drei Milliarden Euro an nationalen Förderungen reserviert – das soll wiederum Standortinvestitionen sowie Forschungstätigkeiten weiter befeuern. Bis 2030 könnten so fast sieben Milliarden Euro an Investitionen angestoßen werden.

Autos, E-Ladesäulen, Haushaltsgeräte, Industrieroboter . . .

Eines der forschungsintensivsten Unternehmen Österreichs ist Infineon Technologies mit der Österreich-Zentrale in Villach und einem großen Forschungsstandort in Graz. Villach ist das globale Kompetenzzentrum von Infineon für Leistungselektronik und neue Halbleitermaterialen wie etwa Siliziumkarbid und Galliumnitrid, Graz ist das globale Zentrum für Kontaktlos-Technologien.

Bei Leistungshalbleitern ist Infineon Weltmarktführer. Sie finden sich u. a. in Automobilen, E-Ladesäulen, Haushaltsgeräten, Industrierobotern und Automatisierungssystemen. In Villach wird in einem einzigartigen Quanten-Testlabor am Quantencomputer der Zukunft gearbeitet. Die Computer- und Konnektivitätstechnologien aus Graz wiederum finden sich in jeder zweiten 2021 ausgestellten Kredit- oder Debitkarte.

Außerdem ist jeder zweite Server weltweit mit Infineon-Chips ausgestattet. Mit speziellen Powerchips werden E-Autos dank hoher Leistungsdichte um 50 Prozent schneller geladen. In 17 der 25 weltweit meistverkauften vollelektrischen Autos und Plug-in-Hybride finden sich Infineon-Chips, mit Know-how aus Graz bzw. produziert in Villach. Infineon beliefert zudem die Top-10-Hersteller von Photovoltaikanlagen und die Top-5-Hersteller von Windturbinen.

Funkstandard NFC: Made in Gratkorn

Auch NXP, Europas größter Halbleiterhersteller, nutzt im Süden Österreichs dessen starkes Doppel Wirtschaft und Wissenschaft. Im steirischen Gratkorn betreibt das Unternehmen heute mit knapp 800 Beschäftigten das globale Kompetenzzentrum für „Sicherheit und Verschlüsselung“. Ein Standort, der auf große Geschichte blicken kann, wenn es um die Entwicklung einer weltweit begehrten Technologie geht. Der viel verwendete Funkstandard NFC („Near Field Communication“) wurde von NXP gemeinsam mit Sony 2002 erfunden, die Schaltkreise für den Standard entwarf der Steirer Franz Amtmann mit seinem Team in Gratkorn. Erst dadurch wurde später das kontaktlose Bezahlen mit Bankomatkarte oder Smartphone möglich. Heute gelten die steirischen Schwerpunkte NXPs kontaktlosen Anwendungen in Autos oder intelligentem Batteriemanagement.

Regensensoren, dynamisches Fahrlicht

Zu Marktführern zählen indes auch andere Mikroelektronikunternehmen aus dem Süden Österreichs. Bei intelligenten Sensoren etwa können nur wenige Unternehmen auf der Welt ams-Osram das Wasser reichen. Im Automobilbereich deckt das Unternehmen das gesamte Spektrum von sichtbarem bis unsichtbarem Licht und Sensoren-Anwendungen ab. Egal ob es sich um Regensensoren, Positionssensoren, Hintergrundbeleuchtungen von Displays oder dynamisches Fahrlicht handelt.

Maximale Robustheit

Als einer der weltweit führenden Hersteller von technologisch hochwertigen Leiterplatten gilt wiederum AT&S mit Zentrale in Leoben-Hinterberg. So sind AT&S-Leiterplatten heute in der Flugzeugsteuerung, Triebwerkssteuerung sowie in anderen Cockpit- und Passagier-Anwendungen kaum wegzudenken. Eine entscheidende Rolle spielt der Konzern aber auch bei der Entwicklung von 4D-Radarsystemen für autonom fahrende Autos oder Leiterplatten für Anwendungen der neuesten Mobilfunktechnologie 5G. Erst gestern wurde überdies vermeldet, dass der japanische Uhrenhersteller Casio beim neuen Modell der „G-Shock“ auf die hochwertigen Mainboards (Hauptplatinen) von AT&S setzt. Die Uhr, bei der weiterhin auf maximale Robustheit gesetzt wird, wartet u. a. mit smarten Funktionen zur Überwachung des Fitness- und Gesundheitszustands auf.

Bei der neuen Casio G-Shock DW-H5600 arbeiten der japanische Hersteller Casio und der steirische Mikroelektronikspezialist AT&S erstmals zusammen. | Bei der neuen Casio G-Shock DW-H5600 arbeiten der japanische Hersteller Casio und der steirische Mikroelektronikspezialist AT&S erstmals zusammen.
Bei der neuen Casio G-Shock DW-H5600 arbeiten der japanische Hersteller Casio und der steirische Mikroelektronikspezialist AT&S erstmals zusammen.
| Bei der neuen Casio G-Shock DW-H5600 arbeiten der japanische Hersteller Casio und der steirische Mikroelektronikspezialist AT&S erstmals zusammen. © AT&S/Casio