Auch bei der Fortsetzung des Falls, in dem eine Frau wegen Veruntreuung angeklagt ist, ist die Zahl an Zeugen enorm: Sieben Personen sind geladen, um auszusagen. Doch schon als Zeugin Nummer eins regelrecht in den Saal stürzt, ist klar: Es geht heute ganz schnell. Die Zeugin hat es nämlich eilig. „Die Leberknödel gehen sich aber eh nicht mehr aus“, eröffnet die Richterin, „es ist ja schon nach elf Uhr.“

Schwierig, unpünktlich, Suchtgift

Eine andere Zeugin ist gleich gar nicht erschienen. Über sie möchte die Richterin mit der Zeugin, die es eilig hat, sprechen. „Wie war die Frau, als sie für Sie gearbeitet hat?“ Schwierig, meint die Zeugin, sie war unpünktlich und hatte mit Rauschgift zu tun. „Wir haben das Dienstverhältnis einvernehmlich gelöst.“

Die Richterin fragt das, um die Schuld der Angeklagten zu prüfen. Denn die Frau sitzt vor Gericht, weil sie von ihrem Arbeitgeber Geld aus der Kassa abgezweigt haben soll. Abends macht immer ein Mitarbeiter die Abrechnung, am Morgen übernimmt dann der nächste. Fehlt am Abend Geld, berappen die anwesenden Mitarbeiter den Fehlbetrag aus eigener Tasche – bis eines Abends gar mehr als 200 Euro gefehlt hatten. Jene Dame, die zwar als Zeugin geladen war, aber dem Gericht fern blieb, hätte an diesem Tag die Abrechnung machen müssen – sich aber geweigert. Daraufhin hatte die Angeklagte übernommen.

Schlagabtausch

Der Verkaufsleiter hatte daraufhin Anzeige erstattet, der Betrieb hätte einen Schaden von 1300 Euro erlitten. Die anschließenden Ermittlungen hatten ergeben, dass die Angeklagte an allen Arbeitstagen mit Fehlbeträgen Dienst gehabt hätte – nun sitzt sie vor Gericht.

Der Richterin stößt aber die Vorgehensweise des Betriebes sauer auf. „Wenn die Mitarbeiter alle Fehlbeträge begleichen, wie kann die Firma einen Schaden erlitten haben?“, fragt sie. „Wir haben ja keine Erstattung gefordert“, wiegelt der Mann ab. „Aber sie haben doch gesagt, sie haben einen Schaden erlitten . . .“, schüttelt die Bezirksrichterin den Kopf. „Ich wollte nicht, dass das auf mich zurückfällt“, so die Begründung.

Wohin auch immer...

Die übrigen Zeugen, alles ehemalige Arbeitgeber und Kollegen der Angeklagten, finden nur lobende Worte. „Sie ist sehr pflichtbewusst und perfekt“, schwärmt ein Zeuge, „sie ist tüchtig, bei der Kassa wären mir nie Unregelmäßigkeiten aufgefallen“, der nächste. Die Richterin hat erhebliche Zweifel an der Schuld der Angeklagten – und spricht die Frau nach rund einer Stunde frei. „Wohin auch immer das Geld gekommen ist...“.