"30-Stunden-Woche: Aufstiegschancen für Männer im Haushalt" oder "Stop sexualising our bodies" ("Hört auf, unsere Körper zu sexualisieren") oder "Erzieht eure Söhne" oder "Pflege statt Panzer" oder "Jin, Jiyan, Azadî – Frau, Leben, Freiheit", der Schlachtruf der iranischen Frauen: Die Botschaften auf den Schildern sind so vielfältig wie die Zugänge und Forderungen. Und so vielfältig wie die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Demonstration zum Weltfrauentag, zu der das Demobündnis 8. März Graz gemeinsam mit vielen Organisationen aufgerufen hatte. 

Rund 1500 (Polizeischätzung) bis 2000 oder mehr (Schätzung des Veranstaltungsteams) Menschen, darunter auch auffallend viele Männer - u. a. eine Abteilung iranischer Männer, die die Frauen ihres Landes unterstützten - marschierten am Mittwochnachmittag gemeinsam vom Südtiroler Platz via Grieskai, Radetzkybrücke und Joanneumring durch die Herrengasse zum Hauptplatz. "Intersektional, transinklusiv und international" hatte auch das Bündnis hinter der Demonstration sein Verständnis eines Feminismus deklariert, der die Solidarität ins Zentrum stellt.

Dementsprechend gab es Redebeiträge zu unterschiedlichsten Themen - zunächst ging es um Gleichstellung ("Schon seit 105 Jahren haben wir ein Wahlrecht, 2427 Jahre länger haben es Männer") und Care-Arbeit ("Was ist aus dem Applaus und den Versprechen der Corona-Krise geworden? Wir fordern eine bessere Entlohnung und einen besseren Personalschlüssel, damit die Arbeit im Pflegebereich zu Zufriedenheit und nicht zum Burnout führt.")

Zum Auftakt der Abschlusskundgebung am Hauptplatz rückte eine Poetry Slammerin das Thema Femizid in den Fokus. "Wir wollen leben! Keine einzige weniger!" schloss die Rednerin von F*Streik inhaltlich daran an. Die Gruppe demonstriert mittlerweile monatlich in Graz gegen Femizide und patriarchale Gewalt. Die erschreckend hohe Femizid-Rate in Österreich prangert man auf Bettlaken an, auf denen die Daten und Orte der Frauenmorde vermerkt sind. Was man in diesem Zusammenhang ebenfalls kritisiert: Für Trans- und queerfeindliche Gewalt gebe es keine offiziellen Zahlen, da sie meistens nicht benannt und anerkannt werde. 

Themen waren auch das Recht auf Selbstbestimmung den eigenen Körper betreffend - wie zu dem weiterhin umstrittenen Gesetzen rund um Schwangerschaftsabbrüche. Eine junge Vertreterin von Patika sprach über die Situation von Migrantinnen und Migranten in Österreich und rief zur Solidarität mit den Erdbebenopfern in der Türkei, Syrien und Kurdistan auf. Die letzten Worte galten einer Erklärung der kurdischen Frauenbewegung, bevor eine Performance gegen sexualisierte und strukturelle Gewalt an Frauen und LGBTQIA+ die Demonstration um 18.30 Uhr beendete.

Lange Nacht im Schauspielhaus

Die zweite Großveranstaltung zum Frauentag nach der Demonstration ist eine Lange Nacht im Schauspielhaus Graz. "Schluss mit lustig – Schluss mit dem Patriarchat!" ist das Motto für das Programm, das auf zwei Bühnen (Haus 2 und Haus 3) stattfindet und sehr abwechslungsreich ist: Studentinnen der Pädagogischen Hochschule lesen etwa aus gendersensibler und feministischer Kinderliteratur, die Band Sammas präsentiert ihr Musikvideo "Menstruation", Susanne Konstanze Weber spricht mit Intendantin Iris Laufenberg über "Frauen in Männerdomänen/Wie wichtig ist das Vernetzen?!", die Omas gegen Rechts geben unter dem Titel "Scheiß di nix" listige politische Tipps. Im Foyer gibt es Livemusik mit Make Shift Concept und DJ-Sounds mit Mama Feelgood. Hier geht es zum Programm.

Außerdem am 8. März in Graz (Auswahl):

  • Im Kunsthaus gab es unter dem Titel "Im Spiegel – Sichtbarkeit von Frauen in der Steiermark" Workshops und Diskussionen, u. a. mit Moderatorin und Podcasterin Mari Lang, Ex-Fußballerin Viktoria Schnaderbeck und Landesrätin Juliane Bogner-Strauß.
  • Das GrazMuseum beschäftigte sich in einer Führung um 16 Uhr in der Dauerausstellung 360 GRAZ mit den Rollen und dem politischen Engagement von Frauen in Graz. Eine historische Reise führte bis zur Gegenwart und thematisiert die Leistungen von Frauen im gesellschaftspolitischen Bereich.
  • In der Pionierinnengalerie im Rathaus fand im Anschluss Teil zwei der Führung des GrazMuseum statt. Hier ging man näher auf die Biografien von Widerstandskämpferinnen, Politikerinnen und Aktivistinnen ein.
  • Im Volksgarten hieß es Gemma Kicken – Frauen im Mittelfeld: streetfootbALL austria & Wunderteam laden ein zum bunten Kick. Versprochen wird: "An diesem Tag gibt’s nur Siegerinnen!"
  • Durch die Innenstadt zogen, "gleich einer Sternsingerinnengruppe", die Rabtaldirndln gemeinsam mit Monika Klengel zwischen 15.30 und 17 Uhr: Dabei sangen sie "ihre feministischen Lieder über das Obskure, das Abgründige und die dunklen Geheimnisse". Auch der Titel der Performance lehnt sich an den Brauch des Sternsingens an: 20*R+A+B+T+A+L*23
  • Im PLÜ 23, Raum für Kunst, in der Plüddemanngasse wurde um 18 Uhr die Ausstellung "Hippocampus" von Lis Gort eröffnet. Die Soroptimistinnen waren aufgrund der Kampagne "Tragt unterschiedliche Schuhe – für die Gleichstellung der Geschlechter" mit unterschiedlichen Schuhen vertreten, um auf den Weltfrauentag aufmerksam zu machen, auch die Künstlerin bezog sich darauf. Zu sehen ist sie bis 26. März. 
  • In der Aula der TU Graz war das Theaterstück "Sternenfrauen" zu sehen. "GenderNOW!", das Netzwerk der Gleichstellungsabteilungen der vier Grazer Universitäten, holte  Pionierinnen der Weltraumforschung vor den Vorhang.
  • Im Frauengesundheitszentrum am Joanneumring wurde um 17 Uhr die Ausstellung "30 Jahre Frauengesundheitszentrum in Bildern" eröffnet.
  • Der Verein Omega Graz in der Karlauerstraße lud um 17 Uhr zum Workshop "Körpermutig durch+mit Bewegung".
  • Im Café heidenspass in der Griesgasse gab es um 18.30 Uhr einen Workshop exklusiv für Männer: Das Thema: "Gleichberechtigung – was geht Mann* das an?". Es handelt sich um eine Spezialausgabe des Männer*Kaffees PUR, der jeden ersten Mittwoch im Monat ohne vorgegebenes Thema im heidenspass stattfindet.
  • Im Together As One Cafe (Lazarettgasse) lud der Verein KUVUKILAND um 18 Uhr zu einer Diskussion, die sich insbesondere an Teenager aus migrantischen Familien richtet. Der Titel: "The Place of The Women In Stopping Domestic Violence".
  • Im Weltladen Graz luden um 19 Uhr Ulrike Lunacek und Rosa Zechner mit der Steirischen Entwicklungspolitischen Initiative zur Buchpräsentation "Global Female Future" samt Diskussionsveranstaltung. Es geht darum, wie feministische Kämpfe Arbeit, Ökologie und Politik verändern, unter anderem am Beispiel der Auseinandersetzungen um Unternehmensverantwortung und Lieferkettengesetze. Moderation: Michaela Wolf. 
  • Im Lendhafen gibt es am 9. März "Female Success Stories" zu hören: Erfolgreiche Frauen in Sport und Wirtschaft wie Barbara Muhr (Präsidentin STTV und ATC), Martina Hatzl (CFO, MPG The Eyewear Company), Cornelia Leban-Ibrakovic (Ex-Turniertänzerin & Inhaberin der Tanzschule "Conny & Dado"), Anna-Theresa Lallitsch (ORF-Sport-Moderatorin), Monika Fuchs (Head of Human Resources, Merkur Versicherung), Simona Koren (Ex-ÖFB-Legionärin), Fanny Wolte (Ex-Golf-Nationalteam) und Christiane Stöckler (Moderatorin Antenne Steiermark) erzählen ihre Geschichten. Anmeldung für den Karriere-Talk hier.
  • Viele weitere Termine, auch für den Rest der Aktionswoche, gibt es unter dem Link 0803.at/termine