Die Debatte um die steirische Landeshymne in der Verfassung lässt nicht nur in Slowenien die Wogen hochgehen. In Graz hat sich mittlerweile Widerstand gegen den Vorstoß der FPÖ, der im Regierungsprogramm mit der ÖVP verankert ist, geregt.
Auch Kritik an der ÖVP
„Anstatt sich den echten Sorgen der Steirerinnen und Steirer zu widmen, setzt die Landesregierung auf spalterische Provokationen. Ein Text, der auf ein Gebiet Bezug nimmt, das es so seit über 100 Jahren nicht mehr gibt, hat nichts in der Verfassung verloren“, warnt Sandra Krautwaschl, Klubobfrau der Grünen, via Aussendung.
Sie zeigt sich dabei auch irritiert von der Volkspartei – dem Koalitionspartner der FPÖ. „Gerade in der Grenzregion haben ÖVP-Bürgermeister nachbarschaftliche und grenzüberschreitende Initiativen unterstützt, die die kulturelle Zusammenarbeit gestärkt haben. Nun scheint die Volkspartei all diese positiven Entwicklungen aus Koalitionsräson bereitwillig aufs Spiel zu setzen.“
Zweidrittel-Mehrheit
Was ist eigentlich geplant? In der Landesverfassung in Artikel 6 sind die Landessymbole verankert. Ein zusätzlicher Absatz würde festhalten: „Die steirische Landeshymne ist das Dachsteinlied.“
Hört sich schlank an, ist aber wie alles mit Verfassungsrang nur von einer Zweidrittel-Mehrheit im Landtag zu beschließen. 30 Mandate haben FPÖ und ÖVP gemeinsam, sie bräuchten eine weitere Partei für den Beschluss. Die Grünen werden es nicht sein, so ein Sprecher.
SPÖ ist skeptisch
Ist das die SPÖ? „Die Debatte über die Verankerung der Landeshymne in der Verfassung lenkt nur von den echten Problemen ab“, moniert der rote Klubobmann Hannes Schwarz. Er fordere die Landesregierung auf, Lösungen zu erarbeiten, „zum Beispiel für den Erhalt der Notaufnahme in Bruck an der Mur“. Ein Njet zum Dachsteinlied hört man aber nicht. „Wenn ein konkreter Antrag im Landtag vorliegt, werden wir ihn prüfen und unser Abstimmungsverhalten bekanntgeben“, so Schwarz.
KPÖ: Scheindebatte
Die KPÖ sagt ebenso weder zu noch ab, sondern ärgert sich über die „Scheindebatte“. Tenor: „Die Landesregierung soll sich mit den drängenden Problemen – teure Mieten, sehr hohe Energiekosten, Einschnitte im öffentlichen Gesundheitssystem, die chronische Schieflage im Pflegewesen, steigende Arbeitslosigkeit, etc. – beschäftigen“, so der Sprecher von Claudia Klimt-Weithaler (KPÖ).
„Traditionen ihren Platz, aber die Landesverfassung ist kein Spielplatz für Symbolpolitik“, winkt unterdessen Neos-Landeschef Niko Swatek ab. Der Vorstoß der FP gehe zulasten der Freundschaft mit Slowenien. Aber „gute Nachbarschaft ist der Schlüssel zu einem geeinten Europa“. Und das sei wichtiger als Symbolpolitik.
FPÖ versteht Aufregung nicht
Im Büro von LH Mario Kunasek mochte man die Aufregung am Montag nicht verstehen. „Die Landeshymne singt man seit so vielen Jahren, ohne dass sich Slowenien daran gestoßen hat. Daraus einen völkerrechtlichen Verstoß abzuleiten, ist realitätsfremd“, so ein Sprecher Kunaseks.
Kunaseks Konter
Am Dienstag meldete sich Kunasek via Facebook. Als Landeshauptmann „bekenne ich mich zu unserer Landeshymne“, so Kunasek. „Wer in dieser Haltung einen Angriff auf Souveränität und Rechtsstaatlichkeit sieht, sollte sich fragen, wie es um die rechtliche Anerkennung von Minderheiten auf seinem Hoheitsgebiet bestellt ist“, so Kunasek weiter.
Und: „Anders als die slowenische Volksgruppe in Österreich sind in Slowenien Altösterreicher deutscher Muttersprache immer noch vielfältigen Diskriminierungen ausgesetzt und nicht als autochthone Volksgruppe anerkannt. Hier könnte der slowenische Staat endlich tätig werden und sogleich den Hochsicherheitsreaktor Krško vom Netz nehmen“, heißt es im Posting.
Mahnung von Lopatka
ÖVP-Europaabgeordneter Reinhold Lopatka forderte zuvor den Landeshauptmann auf, sich auf „steirische Grundtugenden“ zu besinnen und nach dem Spruch „Beim Reden kommen die Leut‘ z‘samm“ zu handeln. „Wenn man die Hymne in der Verfassung verankern möchte, sollte man schon mit den slowenischen Kollegen reden“, sagte Lopatka am Dienstag im APA-Gespräch.
Zuvor hatte sich Sloweniens Außenministerium zu Wort gemeldet und die Landesregierung mit Blick auf die Strophen der Landeshymne zur „Besonnenheit“ aufgerufen. Das im 19. Jahrhundert entstandene Lied widmet sich der Steiermark in ihrer historischen Ausdehnung vom Dachstein bis zum „Wendenland am Bett der Sav‘“. Die sogenannte Untersteiermark mit Städten wie Maribor (Marburg), Celje (Cilli) und Ptuj (Pettau) ist aber schon seit über 100 Jahren nicht mehr Teil der Steiermark. Sie kam zunächst zu Jugoslawien und ist seit 1991 Teil des unabhängigen Staates Slowenien.