Der vorletzte Wettkampftag in Trondheim sollte aus Sicht der Gastgeber den WM-Höhepunkt liefern. Über 100.000 Fans waren zum Granåsen-Skisenter gepilgert, um ihren Langlauf-Helden Johannes Hösflot Kläbo siegen zu sehen. Und der 28-Jährige enttäuschte sie nicht und holte über die 50 Kilometer das sechste Gold. Während die Fans in bester Partylaune waren, sickerten jedoch bereits erste Gerüchte durch, dass Norwegens Springer bei den Anzügen manipuliert haben sollen. Videos waren aufgetaucht, in denen zu sehen war, wie Betreuer sowie auch Cheftrainer Magnus Brevig um Mitternacht in ihre Einzelteile zerlegte Springeranzüge zusammennähten. Noch vor dem Großschanzenbewerb legten Österreich, Polen und Slowenien Protest gegen ein Antreten der norwegischen Athleten ein. Dieser wurde jedoch abgewiesen, die Norweger durften springen.

Am Ende des Wettkampfs jubelte der Slowene Domen Prevc über Gold, der Norweger Marius Lindvik landete vor Jan Hörl auf Platz zwei. Allerdings verzögerte sich die „Flower Ceremony“ zusehends, nachdem die Top zehn wie üblich zur Materialkontrolle beim Kärntner Christian Kathol antreten mussten. Zwanzig Minuten später platzte die Bombe: Lindvik und Johann Andre Forfang (5.) wurden nachträglich aufgrund manipulierter Anzüge disqualifiziert. Hörl erbte damit Silber (seine vierte Medaille in Trondheim), Ryoyu Kobayashi Bronze.

Wie hatten die Norweger betrogen? Sie sollen die Chips, die quasi das „Prüfpickerl“ für einen kontrollierten Anzug sind, kopiert haben. Dann wurden neue Anzüge genäht (zwischen Knie und Schrittbereich brachte man ein steifes Band an, das den Schritt beim Sprung nach unten zieht, wodurch sich mehr Tragfläche ergibt) und mit dem kopierten Chip wieder versiegelt.

Ein noch nie dagewesener WM-Betrugsskandal, der nicht im Zusammenhang mit Doping steht, und dessen Folgen noch nicht absehbar sind. Ungeachtet dessen, dass das Ansehen einer ganzen Nation und des Sports immens darunter leidet, müssen nun sämtliche WM-Ergebnisse der norwegischen Springer und Springerinnen infrage gestellt werden. Lindvik wurde Weltmeister auf der Normalschanze, das Mixed-Team holte ebenso Gold wie die Damen-Mannschaft. Und sind auch Norwegens Kombinierer mit dem dreifachen Weltmeister Jarl Magnus Riiber involviert?

Die Frage ist, ob und wie man das jetzt noch beweisen kann. Möglicherweise über die Chips, über die man nachvollziehen könnte, wer wann mit welchem Anzug gesprungen ist. „Für unseren Sport ist das natürlich nicht gut. Jetzt ist die FIS gefragt, wie man es noch fairer machen und noch besser kontrollieren kann“, sagte ÖSV-Cheftrainer Andreas Widhölzl. Die FIS war im ersten Moment allerdings selbst so gut wie sprachlos: „Der schwierigste Moment für unseren Sport“, erklärte der sichtlich geknickte FIS-Rennleiter Sandro Pertile.

Fortsetzung folgt!