Im Jahre 1809 schlugen die Tiroler auf dem Bergisel unter dem Oberbefehl von Andreas Hofer vier Schlachten gegen Bayern und Franzosen, konnten die Niederlage aber nicht abwenden. Ganz so geschichtsträchtig fiel die Weitenjagd in Innsbruck bei der dritten Station der 73. Vierschanzentournee freilich nicht aus, doch gab es diesmal am Bergisel immerhin ein weit besseres Ende für Österreich. Zwar gewann kein Tiroler, aber mit Stefan Kraft ein Salzburger.
Völlig losgelöst von der Erde schwebte der Pongauer zu seinem allerersten Triumph in Innsbruck und seinem bereits 45. Weltcupsieg insgesamt. Wie in Oberstdorf, wo der 31-Jährige ebenfalls die Nase vorne hatte, gab es einen ÖSV-Dreifachsieg – den ersten am Bergisel seit 1975. Diesmal landeten Jan Hörl und Daniel Tschofenig auf den Plätzen. Unglaublich: Von den bisher neun zu vergebenden Tournee-Podestplätzen gingen acht an Rot-Weiß-Rot. Damit wird Bischofshofen am Montag das packendste Finale der Tournee-Geschichte sehen, ist das dominierende Trio in der Gesamtwertung in der Reihenfolge Kraft-Hörl-Tschofenig doch nur durch läppische 1,3 Punkte getrennt. Das ist umgerechnet nicht einmal ein Meter!
Kommentar
Zum dritten Mal in der Springer-Historie nach 2010 und 2012 gibt es eine rot-weiß-rote Dreifach-Führung vor dem Schanzen-Showdown im Pongau. Zugleich steht so gut wie sicher fest, dass am Dreikönigstag erstmals seit zehn Jahren wieder ein Österreicher über den Tournee-Gesamtsieg jubeln wird. So hat der Schweizer Gregor Deschwanden als Vierter bereits 23,8 Punkte Rückstand. Der letzte heimische Tourneesieger war Kraft, der jetzt die besten Karten in den Handschuhen zu haben scheint. Immerhin konnte der Schwarzacher im Vorjahr auf seiner erklärten Lieblingsschanze in Bischofshofen gewinnen. Und er weiß dank seiner Routine, wie man mit dieser finalen Herausforderung umgehen muss.
„Dieser Sieg bei dieser Stimmung ist etwas ganz Besonderes. Vor dem Sprung habe ich oben mit Tschofe und den Fans, die man unten im Stadion gehört hat, Sweet Caroline gesungen“, strahlte Kraft, der verriet, auf der Reise nach Bischofshofen im Teambus eine Runde Eierlikör ausgeben zu wollen. Ansonsten wird aber nicht groß gefeiert: „Nach der Ankunft gibt es noch eine Massage, dann geht‘s ab ins Bett.“ Eine weise Entscheidung, denn Verschnaufpause gibt es keine: Bereits am Sonntag (16.30 Uhr, ORF 1 live) geht es mit der Qualifikation in Bischofshofen weiter.
Hörl hob als Halbzeitführender ins Finale ab, konnte am Ende seinen Sieg aus dem Vorjahr aber nicht verteidigen – dem 26-Jährigen fehlten 1,4 Punkte auf Kraft. „Ich wollte cool bleiben, doch das ist mir nicht ganz gelungen. In Bischofshofen wird es jetzt richtig spannend. Ich freue mich schon drauf.“ Tschofenig als Dritter musste sein Leader-Trikot an Gesangspartner Kraft abgeben, freute sich aber vorrangig über die Teamleistung: „Absolut genial, das hätte sich keiner erwartet. Ein Dreifachsieg ist schon etwas ganz Spezielles.“
Nach dem Triple-Triumph lieferte das ÖSV-Betreuerteam eine Einlage, indem die gesamte Mannschaft mit einem Bauchfleck den Auslauf hinunterschlitterte. „Das war ein Wahnsinnstag, die Jungs sind extrem gut gesprungen. Jetzt liegt alles brutal eng beieinander – am liebsten wäre mir, sie würden am Ende ex aequo einen Dreifachsieg feiern“, sagte Cheftrainer Andreas Widhölzl. Ganz so abwegig ist das nicht, teilten sich 2006 doch Janne Ahonen und Jakub Janda mit jeweils 1081,5 Punkten den Gesamtsieg.