Ein Sieg in der Hahnenkammabfahrt auf der Streif – haben Sie sich heute mit diesem Erfolg den Traum jedes Österreichers erfüllt?

MATTHIAS MAYER:Es ist nicht nur der Traum eines jeden Österreichers, sondern der Traum jedes Skifahrers weltweit, würde ich meinen. Es fühlt sich einfach großartig an.

Sie haben im Ziel Ihrer Freude freien Lauf gelassen. Wann haben Sie sich denn zum letzten Mal so gefreut?

Mir kommt vor, erst gestern, oder? Wenn du in Kitzbühel mit der Nummer 13 ins Ziel kommst und führst, dann musst du einfach jubeln. Da bleibt dir gar nichts anderes über.

Als der Sieg feststand – fällt einem Favoriten aus Österreich da eine Last von den Schultern?

Ja, schon. Es ist eine Last, da fällt schon Druck ab. Es ist das Rennen der Rennen – und ich wusste, dass es möglich wäre, es zu gewinnen, ich könnte es. Und wenn das dann wirklich gelingt, das ist schon unbeschreiblich.

Sie haben sich ja auch sehr förmlich vor dem Publikum verbeugt. Waren Sie überzeugt, dass es reicht?

Nein, ich war mir unsicher, weil Kjetil Jansrud ja auch im Super-G schneller war. Ich wollte mir das bis zum Ende anschauen. Aber ich wollte mich auch vor den großartigen Fans verneigen, die für so eine Stimmung sorgen und uns anfeuern.

Haben Sie während der Fahrt gedacht, dass es diesmal reichen könnte?

Ehrlich? Ich habe heute nie an eine Zeit gedacht. Ich hatte einen Plan für jeden Meter der Strecke, jede Kurve. Den habe ich durchgezogen. Erst beim Zielsprung, als auf der Seite die bengalischen Feuer angegangen sind, hab ich mir gedacht: Das muss ganz gut sein, weil sonst täten die Fans die jetzt nicht anzünden. Ich mein, es ist Kitzbühel, das Rennen der Rennen für jeden Abfahrer. Dass es sich dann ausgegangen ist, noch dazu mit so einem gewaltigen Podium, das war wunderschön. Und ist es noch.

Reportage: Wenn ein Kitz-Sieg gar nicht interessiert

Dieser Sieg war die Krönung einer ungemein konstanten Saison, oder?

Ja, ich bin selbst überrascht. Bis auf die Rennen in Beaver Creek und Gröden war alles sehr gut. Und wenn ich schaue, wer hier neben mir sitzt – das war ja heute das erste Mal seit zwei Jahren, dass ich Beat Feuz in der Abfahrt geschlagen habe. Weil er so konstant gut ist.

Kann ein Kitz-Sieg mit Olympia mithalten?

Ja, es kann mithalten, auch wenn Olympia schon etwas anderes ist, weil es eben nur alle vier Jahre stattfindet. Bei Olympia weißt du halt vorher nie, was kommt. Kitzbühel ist jedes Jahr gleich – gleich schwierig.

Sie scheinen ein Mann für besondere Rennen zu sein, oder?

Das fällt mir schon auch auf, dass ich mir die guten Rennen für den Sieg aussuche. Aber ich probiere an jedem Wochenende, die beste Leistung abzurufen. Die Hundertstel müssen eben auch auf deiner Seite sein.

Was machen Sie jetzt mit der goldenen Gams? Sie hatten ja schon fünf aus dem Super-G.

Ich habe alle meine bisher gewonnenen Gämsen verschenkt, um ehrlich zu sein. Mein Abfahrtstrainer Sepp Brunner hat mich nach dem Super-G gefragt, was ich mit der Gams mache. Und ich hab gesagt: Die schenke ich immer her – und diese eine bekommst du. Er wollte sie gar nicht nehmen, aber ich hab dann gesagt: Ich hol mir schon noch eine. Dass es so schnell geht, hätte ich nicht gedacht. Und es ist wohl so, dass ich diese goldene Gams behalten werde.

Die Olympiamedaillen haben Sie aber nicht verschenkt, oder?

Nein, die liegen daheim – aber nach wie vor in einer Schublade. Ich brauche keine Trophäen. Ich fahre Ski, weil ich es einfach gerne tue.

Sie bekommen mit dem Sieg zum 80. Jubiläum auch ein Rekordpreisgeld von 100.000 Euro. Erfüllt man sich damit einen Wunsch?

Ich habe echt keine Ahnung. Mit 100.000 Euro kann man jedenfalls ganz viel machen. Aber ich könnte jetzt nicht sagen, dass ich irgendetwas brauche. Also nein, ich erfülle mir nichts.

Sie können ja auch durchaus feiern. Muss man solche Siege feiern?

Ich habe noch nichts geplant, aber es kann schon sein, dass da im Hintergrund was läuft. Ich habe ja Platz zwei im Super-G genossen, aber nach der Siegerehrung den Fokus auf die Abfahrt gelegt.