Der Abschied von Serena Williams ist abermals verschoben. Die Tennis-Ikone sorgte am Mittwoch (Ortszeit) bei den US Open für eine große Überraschung und zog unter dem tosenden Applaus im Arthur Ashe Stadium von New York in die dritte Runde ein. Die 23-fache Grand-Slam-Siegerin aus den USA gewann gegen die Weltranglisten-Zweite Anett Kontaveit aus Estland nach einer starken Leistung 7:6(4), 2:6, 6:2.

Wie sie das geschafft habe, wurde die 40-Jährige hinterher auf dem Platz gefragt. "Ich bin eine ziemlich gute Spielerin", antwortete Williams lächelnd ins Mikrofon: "Das ist das, was ich am besten kann. Ich mag Herausforderungen." Außerdem könne sie befreit aufspielen. "Ich bin natürlich super-ehrgeizig", räumte Williams ein. "Aber ich schaue hier alles als Bonus an. Ich muss nichts mehr beweisen. Ich habe nichts zu gewinnen und absolut nichts zu verlieren."

Das Gefühl ist neu für die sechsfache US-Open-Siegerin, die bei 20 US-Open-Antreten nie in der 1. oder 2. Runde verloren hat - und nun auch beim 21. Mal nicht. "So habe ich seit 1998 nicht mehr spielen können." 1999 gewann die damals knapp 18-Jährige in New York ihren ersten Grand-Slam-Titel - im Finale gegen Martina Hingis. "Seither hatte ich immer ein X auf dem Rücken." Jetzt genieße sie nur noch, sagte sie vor mehr als 29.000 Zuschauern, unter ihnen Tiger Woods. "Es ist lange her, dass ich das konnte."

Nach jedem ihrer Spiele erscheint auf der Video-Leinwand eine Hommage an die Karriere der einzigartigen Athletin. Man weiß ja nie, ob das jetzt der letzte Sieg war. Das nächste Mal wird dies am Freitag nach der 3. Runde gegen die Australierin Ajla Tomljanovic sein. Solange Williams' Fitness mitmacht, dürfte auch die Nummer 46 der Welt in Reichweite liegen. Und wer weiß: Vielleicht gelingt der relaxten Serena sogar noch das, was die verbissene Serena nicht schaffte: der 24. Major-Titel.

Williams' Leistung ist umso erstaunlicher, als sie in der Vorbereitung nur eines von vier Spielen gewonnen und physisch nicht bereit gewirkt hatte. "Ich habe gut trainiert, konnte dies jedoch in den Matches nicht umsetzen. Ich bin froh, dass es mir hier nun gelingt." Am (heutigen) Donnerstag steht ihr Auftritt mit Schwester Venus gegen Lucie Hradecka/Linda Noskova an - erneut im ersten Match der Night-Session. Die Williams-Schwestern haben im Doppel gemeinsam 14 Grand-Slam-Titel geholt.

Auch gegen Tomljanovic am Freitag wird es wieder eine Partie der Night-Session werden. Die 29-Jährige fiebert dem Duell bereits entgegen: "Das wird definitiv etwas sein, das ich nie vergessen werde. Es wird ein großer Moment sein, unabhängig vom Ergebnis. Ich war schon als Kind ein Serena-Fan. Aber am Freitag werde ich einfach eine Wettkämpferin sein und zu gewinnen versuchen." Ein Schlüssel dazu werde sein, die Publikum-Unterstützung für Williams auszublenden. Kontaveit ist das nicht gelungen.

In Runde drei steht auch Wimbledon-Finalistin Ons Jabeur (5). Die Tunesierin feierte gegen Elizabeth Mandlik (USA), Tochter der früheren tschechischen und später australischen Weltklassespielerin Hanna Mandlikova, mit 7:5, 6:2 ihren 40. Saisonsieg - diese Marke hat heuer sonst nur die Weltranglisten-Erste Iga Swiatek (POL) erreicht. Für Maria Sakkari (GERE-3) kam mit einem 6:3, 5:7, 5:7 gegen die Chinesin Wang Xiyu das Aus, nicht mehr dabei ist auch Vorjahresfinalistin Leylah Fernandez (CAN-14).

Bei den Männern sind Titelverteidiger Daniil Medwedew (RUS-1) mit einem 6:2, 7:5, 6:3 gegen Arthur Rinderknech (FRA) und Casper Ruud (NOR-5) durch ein 6:7(4), 6:4, 6:4, 6:4 gegen Tim van Rijthoven (NED) im Rennen um die Weltranglistenspitze geblieben. Weitere Anwärter darauf sind Rafael Nadal (ESP-2) und Carlos Alcaraz (ESP-3). Medwedew spielt nun gegen Wu Yibing. Der hatte am Montag als erster Chinese seit 63 Jahren ein Grand-Slam-Match gewonnen und nun gegen Nuno Borges (POR) nachgelegt.

Nicht mehr im Turnier ist Felix Auger-Aliassime (CAN-6) nach einem 4:6, 4:6, 4:6 gegen Jack Draper (GBR), Dominic-Thiem-Bezwinger von Winston-Salem. Matteo Berrettini (ITA-13) gewann gegen Hugo Grenier (FRA) 2:6, 6:1, 7:6(4), 7:6(7), der ungesetzte Andy Murray (GBR) gegen Emilio Nava (USA) 5:7, 6:3, 6:1, 6:0. Berrettini und Murray treffen am Freitag um den Einzug ins Achtelfinale aufeinander. Wildcard-Spieler Murray ist US-Open-Sieger 2012, steht erstmals seit sechs Jahren in der dritten Runde dieses Majors.