Am Samstag hob Dominic Thiem Richtung New York ab, wo der Weltranglistendritte ab 22. August in Flushing Meadows zuerst das Masters von Cincinnati und dann die US Open bestreiten wird. Mit dabei ist auch Coach Nicolas Massu. Der Chilene sprach vor dem Abflug über ...

... den Lockdown: Wir waren in Indian Wells, als das Turnier abgesagt wurde. Dominic ist nach Wien geflogen, ich nach Santiago de Chile, wo ich drei Monate mein Apartment nicht verlassen habe. Dann hatte ich die Chance auf einen Flug nach Miami, doch bin ich auch dort ein Monat festgesessen, ehe es endlich nach Kitzbühel und dann Berlin, wo Dominic jeweils mitspielte, weiterging. Ich konnte jetzt vier Monate nicht mit Dominic trainieren – aber dieses Problem hatten die meisten Spieler und Coaches.

... die vielen Spielerabsagen für die US Open: Die Dinge werden nicht normal sein, aber die Turniere müssen jetzt wieder starten. Und die Organisatoren der US Open haben das Gefühl, dass sie es machen können. Es wird ganz anders sein – mit strikten Regeln: Keine Fans, wir müssen abseits der Tennisanlage im Hotel bleiben und leben in einer Blase. Das muss man respektieren. Aber ich bin überzeugt, dass es funktionieren wird. Und Dominic liebt es, Turniere zu spielen – er braucht das. Aber ich kann auch verstehen, dass sich manche Spieler unsicher fühlen und lieber nicht in die USA reisen.

... Thiems aktuelle Form: Dominic hat viele Matches und Exhibitions gespielt – das war sehr wichtig. Er war in Kitzbühel und Berlin sehr stark und auch körperlich top. Das Entscheidende wird aber sein, wer von den Spielern mental mit der ungewohnten Situation am besten umgehen kann. Sie sind es nicht gewohnt, in einem großen Stadion vor einer handvoll Menschen zu spielen.

... die „Blase“ in New York: Auch das wird sehr interessant. Wenn du nach New York fliegst, musst du die ganzen strikten Regeln akzeptieren. Auch, wenn das für Dominic bedeuten könnte, dass er die nächsten vier Wochen nichts außer die Anlage und das Hotel sieht, sollte er die US Open gewinnen. Ich glaube aber, die Situation wird sich in den nächsten Monaten bessern.

... Wolfgang Thiem: Ich bin sehr froh, dass er in den vergangenen Monaten viel geholfen hat. In der Zeit, in der ich nicht kommen konnte, hat er einen sehr guten Job gemacht. Auch sein Fitnesstrainer Mike Reinprecht. Dominic hat bis auf zwei Wochen stets trainiert und ist in einer super Verfassung.

... den Muskelaufbau von Thiem: Wenn man die Zeit hat, etwas zu verbessern und man glaubt, dass es einem helfen kann, soll man das tun. Ich respektiere und unterstütze das. Dominic hat in der vergangenen Matches mit einer enormen Kraft gespielt – so gesehen kann es nicht falsch gewesen sein. Jetzt, kurz vor den US Open, lag der Fokus aber natürlich vor allem auf dem Tennisbereich.

... den „Titel ohne Wert“: Ich habe gelesen, dass der US-Open-Titel heuer keinen Wert hätte, weil Nadal, Federer und noch andere Spieler fehlen. Möglicherweise wird es nicht dasselbe sein, aber bei diesem Turnier wird sowieso nichts wie gewohnt sein. Und es sind ja trotzdem noch rund 90 Prozent der Topspieler dabei. Leicht wird es also so oder so nicht. Djokovic und Dominic sind jetzt die Favoriten. Dominic hat sich das Schritt für Schritt erarbeitet. Das Wichtigste ist, dass er weiter hart an sich arbeitet und daran glaubt, eines Tages ein Grand Slam gewinnen zu können. Bei den Australian Open war er schon sehr nahe dran. Aber man muss immer von Runde zu Runde denken.

... das „Grand-Slam-Doppel“: Dass die US- und die French Open so knapp hintereinander stattfinden, wird für die Spieler definitiv zu einer großen Herausforderung. Manche Spieler brauchen viele Matches und Turniere, um gut zu spielen. Es hängt von der Persönlichkeit, dem Charakter und anderen Dingen ab, wie man mit der Situation umgehen kann. Aber die ist ja für alle dieselbe.

... den ersten Grand-Slam-Titel: Ich glaube, Dominic wird seinen ersten großen Titel bei den French Open und nicht auf Hartplatz holen. Es gibt heutzutage nicht mehr viele Sandplatzspezialisten und daher wenige, die Dominic in einem „best of five“-Match überraschen können. Auf Hartplatz kann das hingegen sehr wohl noch passieren.