Dominic Thiem ist so gut in Form wie wohl noch nie unmittelbar vor seinem Heim-Turnier und auch die Qualifikation für die ATP Finals hat er schon in der Tasche. Die Ausgangsposition für den Weltranglisten-Fünften beim mit 2.443.810 Euro dotierten Erste Bank Open ist ausgezeichnet. Als Peking-Sieger und Shanghai-Viertelfinalist schlägt er mit viel Selbstvertrauen zum 10. Mal in der Stadthalle auf.

Wie 2018 ist Thiem nach der Absage des erschöpften Daniil Medwedew, der nach sechs Finali en suite sowohl für Moskau als auch für Wien gecancelt hat, wieder der Topstar des ATP-500-Turniers. Thiem blickt schon jetzt auf sein bisher erfolgreichstes Jahr zurück: erster Masters-1000-Titel in Indian Wells, Triumph in Barcelona, erster Heim-Sieg in Kitzbühel und zuletzt durfte er sich in Peking auch erstmals in Asien als Champion feiern lassen. Hinzu kommen das neuerliche French-Open-Finale und das 1000er-Halbfinale in Madrid.

Nach den Absagen von Medwedew (ATP-4.) und Kei Nishikori (9.) ist neben Thiem in Wien mit dem Russen Karen Chatschanow (8.) nur ein zweiter Top-Ten-Mann in Wien am Start. Scharfe Konkurrenz kommt aber u.a. auch von Aufsteiger Matteo Berrettini (ITA/11.) und Gael Monfils (FRA/13.).

Streichresultat für Medwedew

Turnierdirektor und Thiem-Manager Herwig Straka hat die Absage von Medwedew "am meisten überrascht", verriet er am Freitag im Interview mit der APA - Austria Presse Agentur. "Er hat jetzt ein Streichresultat für das ganze Jahr. Wenn du ein Jahr lang nur 17 statt 18 Ergebnisse hast, ist das eine heftige Konsequenz." Hintergrund ist, dass ein Regulativ den Spielern vorschreibt, nach den US Open zumindest ein Turnier der 500er-Kategorie spielen zu müssen. Mit einer Absage des launischen Nick Kyrgios (AUS) müsse man immer rechnen. "Und Nishikori hatte schon einen Trainingsplatz mit Domi gebucht, ist aber nicht fit geworden."

Ob das Österreich-Double für Thiem nun noch wahrscheinlicher geworden ist? "Ich hätte es ihm auch mit Medwedew zugetraut. Wenn Dominic ein Match gut spielt, kann er wirklich jeden schlagen. Allein in diesem Jahr hat er jeden schon geschlagen", erklärte Straka. Allerdings warnte der Steirer davor, dass Thiem auch in Runde eins einen Gegner in Überform erwischen könne. "Der 'Austrian Slam' ist heuer möglich, aber ich glaube nicht, dass es viel leichter geworden ist."

Aus Veranstaltersicht berichtet Straka von einigen neuen Sponsoren auf mittlerer Ebene. "Was auch die österreichische Marktlandschaft widerspiegelt. Es ist schwer, in der Top-Ebene neue Sponsoren zu genieren, weil es einfach zu teuer ist." Sowohl bei den Zuschauern als auch im VIP-Bereich wird man wieder zulegen. Im "massiv umgebauten" VIP-Bereich werden zwei Kongresse ("Sportmedizin" sowie "Sport und Recht") veranstaltet. Das Preisgeld ist um acht Prozent gesteigert worden, das Gesamtbudget zwischen fünf und zehn Prozent angestiegen.

Völlig neu, laut Straka wohl einzigartig auf der Tour, ist ein gemeinsam mit Red Bull entwickelter "Mehrwert für die Spieler": "Wir haben die Spielbänke so gestaltet, dass die Spieler selbst entscheiden können, wie kühl es dort ist. Es gibt zwei Ventilatoren, wo sie die Temperatur regulieren können. Auch den Kühlschrank können sie einstellen." Ziel war es, eine "Wohlfühlzone für die Spieler" zu gestalten. Gleiches gilt auch im Backstage-Bereich. Gerade in der Stadthalle ohne Klimaanlage sicher ein Bonus für die Spieler.

Red Bull zeigt Commitment

Ob Red Bull künftig größer als Sponsor einsteigt, ist offen. "Der Zugang mit Red Bull war: was kann man für den Athleten tun? Ob sie das in ein Sponsoring umwandeln, weiß ich nicht. Aber es ist schön, dass eines der international bekanntesten österreichischen Unternehmen ein Commitment zum Turnier zeigt", freut sich Straka.

Aus Sicht seines Schützlings Thiem reist nun Vater Wolfgang verstärkt mit, das heißt aber nicht, dass Hauptcoach Nicolas Massu ersetzt werden soll. "Wolfgang ist sehr im Detail, was die Technik betrifft. Er hat das mit Günter (Bresnik) Jahre lang mitgemacht", erklärt Straka. "Das macht Wolfgang ausgezeichnet. Nico ist der, der gespielt hat. Er weiß, wie es ist auf dem Platz. Die Kombination der beiden ist ideal, die kommunizieren auch sehr viel, auch während des Matches. Wolfgang wird nie der Headcoach werden von Dominic", sagt Straka. Darum ist auch die Zusammenarbeit mit Massu fix verlängert worden. "Auf unbestimmte Zeit, aber mal sicher für das nächste Jahr."

Kein Super-Coach geplant

Spekulationen, ob es für Thiem - etwa bei Majors - einen Super-Coach braucht, will Straka nicht abtun. Ob dieser einmal Thomas Muster heißen muss? "Das müssen wir nicht auf eine Person festlegen." Da müsse man überlegen, wo es noch Punkte gäbe, die weder Massu noch Papa Thiem vermitteln können. Grundsätzlich ist diesbezüglich aber vorerst nichts geplant.

Fix ist hingegen für die dritte Wildcard nach Jo-Wilfried Tsonga (FRA) und Dennis Novak (AUT): Sie geht an das erst 18-jährige Supertalent Jannik Sinner aus Italien. "Das folgt auch ein bisschen dem Grundsatz, dass wir einem ehemaligen Star wie Tsonga und einem aufstrebenden Spieler eine Wildcard geben", sagte Straka. Auf Andy Murray, der in Antwerpen schon im Viertelfinale steht und dessen hochschwangere Frau demnächst zum dritten Mal Mutter wird, setzt Straka eher nicht mehr. "Wenn er jetzt die letzten Tage bei seiner Frau gewesen wäre... Jetzt war er durchgehend unterwegs. So wie ich ihn kenne, ist die Chance sehr klein."