Nach den ersten beiden Sätzen war die Partie ausgeglichen - was ist dann Ihrer Meinung nach passiert?
DOMINIC THIEM: Der Anfang war wahnsinnig intensiv, aber ich habe die ersten beiden Sätze sehr gutes Tennis gespielt. Dann hatte ich eine kurze Schwächephase und da hat er mich regelrecht überrannt. Ich habe mein Spiel gegenüber dem vergangenen Jahr weiterentwickelt und ich war heuer auch schon etwas näher dran an ihm, aber es hat leider wieder nicht gereicht. Aber ich bin am richtigen Weg. Mein Traum ist es weiter, Paris oder ein anderes Grand-Slam-Turnier zu gewinnen. Ich werde es im nächsten Jahr wieder probieren.

Nadal bewies auf dem Platz einen unglaublichen Willen, eine unglaubliche Intensität.
THIEM: Er spielte sensationell heute. Aber es muss ja einen Grund dafür geben, warum er jetzt 18 Grand-Slam-Titel gewonnen hat. Heute hat man gesehen, warum. Gegen fast alle Spieler ist es kein Problem, wenn man eine kurze Schwächephase hat, aber Rafa hat das eiskalt ausgenützt. Er ist wie eine Rakete durchgestartet. Man kann ihm nur gratulieren.

Sie haben gleich nach dem Match gesagt, sie waren nach Ihrem Sieg gegen Djokovic im Himmel und sind nach der Niederlage gegen Nadal in die Hölle geraten. Wie fühlt es sich an, im Tennis-Himmel und in der Tennis-Hölle zu sein?
THIEM: Der Erfolg über Djokovic war sicher einer meiner größten Siege bisher. Es ist einzigartig und brutal zugleich in unserem Sport: Ich habe sechs Matches gewonnen und dabei eine der größten Legenden unseres Sports geschlagen. Und keine 24 Stunden später muss ich gegen die nächste Legende und den besten Sandplatzspieler aller Zeiten bestehen. Das zeigt, wie  schwierig es heutzutage ist, einen Grand Slam zu gewinnen. Heute ist es mir nicht gelungen, mir meinen größten Traum zu erfüllen. Deshalb bin ich gerade nicht so glücklich.

Glauben Sie, es hätte einen Unterschied gemacht, wenn Sie am Freitag nicht spielen hätten müssen? Waren Sie vielleicht mental oder physisch etwas müde?
THIEM: Ich weiß es nicht. Ich habe mich heute eigentlich gut gefühlt. Es war ein Grand-Slam-Finale - ich habe mich im Match nicht müde gefühlt, ich war voll mit Adrenalin. Aber natürlich hat der Stress der letzten Tagen mit den Unterbrechungen seine Spuren hinterlassen - sowohl körperlich, als auch mental.

Sie haben gesagt, Sie wollen 2020 zurückkehren und es erneut versuchen. Was muss sich ändern, damit Sie Nadal nächstes Jahr bezwingen können?
THIEM: Ich weiß es nicht, sonst hätte ich es ja schon heuer gemacht. Rafa war hier zwölf Mal im Finale und er hat zwölf Mal gewonnen. Seine Gegner sind stets an ihm gescheitert, ich jetzt auch schon zum zweiten Mal. Keiner hat die richtige Taktik bisher gefunden - es ist eben sehr schwierig. Und er entwickelt sich ja ebenso, wie alle anderen. Er ist wie ich gegenüber dem Vorjahr besser geworden. Es ist nun einmal das schwierigste in unserem Sport, ein Grand Slam zu gewinnen. Daher macht es mich stolz, dass ich mir zwei Mal die Chance erarbeitet habe, eines dieser Turniere zu gewinnen.

Nadal hat gesagt, er sieht Sie hier als künftigen Champion. Spielt die Zeit für Sie, oder wäre das ein Trugschluss, weil ja bereits von hinten wieder jüngere Spieler nachkommen?
THIEM: Es wird nie wieder einen kommen wie Nadal und zwölf Mal ein Grand-Slam-Turnier gewinnen. Aber ich kann mich nicht auf die Zeit verlassen. Deshalb bin ich auch so enttäuscht, dass ich jetzt auch die zweite Möglichkeit liegen gelassen habe. Obwohl, ich habe eben gegen einen unglaublichen Nadal verloren. Ich muss weiterarbeiten, bin auf einem guten Weg und hatte bisher eine sehr gute Saison. Aber ich will auch in Wimbledon und New York gut spielen und mich nicht nur auf die French Open fokussieren. Und darauf will ich mich jetzt konzentrieren.

Wie geht es jetzt weiter?
THIEM: Ich werde jetzt ein paar Tage pausieren und dann startet die Vorbereitung auf die Rasensaison.