Er ist heuer im Frühjahr 50 geworden, an der nötigen Reife kann es Mensur Suljovic also nicht fehlen. Und trotzdem kommt es dem Darts-Profi vor, als würde er seine WM-Premiere feiern. Zum 14. Mal tritt Suljovic heuer bei der Weltmeisterschaft im gepflegten Pfeilwerfen an, dreimal stand der erfolgreichste Österreicher der Szene im Achtelfinale.

Was heißt Österreicher? Der gebürtige Serbe geht in sein 30. Wiener Jahr und dennoch verfügt er noch immer nicht über die so schwer wie kaum sonst irgendwo zu erlangende Staatsbürgerschaft des Landes, für das er auch diesmal wieder die Bühne des berühmt-berüchtigten Alexandra Palace, "AllyPally" genannt, betritt. Deshalb steigt Mensur nicht auf die Barrikaden, er konzentriert sich vielmehr auf seinen diesjährigen Erstauftritt am Donnerstag in der zweiten Runde (3. Partie nach 13.30 Uhr) gegen den Belgier Mike de Decker. Dieser ist nicht zu unterschätzen. Als Indiz für die Spielstärke des 27-Jährigen sind die acht 180er beim 3:1-Erstrundensieg über den Kanadier Jeff Smith allemal zu werten.

Das hat für Suljovic, der in der Weltrangliste als 30. immer noch gut genug platziert ist für ein Erstrundenfreilos, keine unmittelbare Relevanz. Der gefühlte Österreicher muss stets schauen, seine bei Weltmeisterschaften stets besonders schwer zu zügelnden Nerven in wenigstens geordnete Bahnen zu lenken. Wenn die Pfeile auch so flattern wie sein mentales Geflecht, sieht es nicht so gut aus. In der vergangenen Saison scheiterte Suljovic in der zweiten Runde am Schotten Alan Soutar, nach 2:0-Satzführung und 2:1 im dritten Set und acht vergebenen Matchdarts. Die Arbeit mit einem Mentaltrainer soll ein derartiges Malheur diesmal abwenden. Gewinnt Suljovic, wartet am 28. Dezember in Runde drei wohl Michael van Gerwen. "Mighty Mike" war am Mittwochabend noch im Einsatz.

Ein Publikumsliebling ist unterdessen in die dritte Runde eingezogen. Raymond van Barneveld, der seinen Rücktritt wieder rückgängig gemacht hatte, spielt wie in alten Zeiten. Der Niederländer bezwang den Engländer Ryan Meikle 3:1, obwohl er sich, wie er anschließend erklärte, am Vortag eine Lebensmittelvergiftung zugezogen hatte. Ausgeschieden ist hingegen mit Fallon Sherrock die letzte Frau eines Trios. Die "Queen of the Palace" unterlag ihrem englischen Landsmann Ricky Evans 1:3. Ein Sieg war durchaus im Bereich des Möglichen, Sherrock verpasste jedoch zu viele Doppel, etwa bei 1:1 nach Sätzen. Im vierten Satz hatte sie 2:0 geführt. 

Mittlerweile verdient das Turnier im nunmehr wieder hochkochenden Epizentrum des Darts-Sports auch viel stärker als einst die Bezeichnung "Weltmeisterschaft". Zu Beginn in den neunziger Jahren waren fast ausschließlich Engländer mit von der Partie, heuer beteiligen sich Spieler aus 28 Nationen, darunter neben 28 Engländern auch zwölf Niederländer.