Locker und mit einem Lächeln auf den Lippen begegnet man den derzeit wohl gefragtesten DTM-Piloten Kelvin van der Linde (ABT Sportsline) am Red Bull Ring in Spielberg. Der 28-Jährige hat allen Grund dazu, der Deutsch-Südafrikaner ist aktueller DTM-Leader – führt vier Rennen vor Saisonende sieben Punkte vor Mirko Bortolotti. Und „wenn‘s laft, dann laft‘s“: Van der Linde liebt Regen und das erste Training glich einer Wasserschlacht. „Ich muss gestehen, dass mir Regen auch im Rennen passen würde. Schauen wir einmal, was am Wochenende passiert“, meinte er.
Der Fokus stimmt. Keine Überraschung, wird Van der Linde in der Szene doch als „Perfektionist“ tituliert. Wobei er gesteht, dass er heuer seine Erwartungshaltung neu definiert habe. „Ich habe mir gesagt, dass ich das Zeug dazu habe, um den Titel mitzufahren. In der Vergangenheit habe ich immer gesagt: Ich muss.“ Ein Pluspunkt, denn es sei schwierig zu erklären, warum man gut performt oder eben nicht. „Manchmal ist es eine Lotterie und du hast es nicht immer in deinen eigenen Händen.“ Er macht kein Geheimnis daraus, „dass wir vom Erfolg leben. Der ist unser großer Antrieb.“ Seine größte Macke?
„Man verliert den Blick aufs Äußere“
Er sei in den vergangenen Jahren gereift. Lange Zeit habe er sich häufig damit beschäftigt, was über ihn geschrieben wird. „Ich habe mich da direkt reingearbeitet. Aber da waren Dinge dabei, die ich sowieso nicht beeinflussen kann.“ Van der Linde, mit 17 Jahren nach Deutschland gekommen, ist der Typ, der den Motorsport lebt, schon Vater und Großvater waren Rennfahrer. Weil er rund um Rennen so anders sei, komme die Mama nur ungern an die Strecke, sagt er. „Aber im Motorsport muss man akribisch sein, hat sehr wenig Zeit für andere Dinge. Man verliert den Blick aufs Äußere – und wenn es um Gefühle geht, bin ich nicht so der Richtige“, verdeutlicht der passionierte Golfer und offenbart:
Die beste Ablenkung sei, sich mit Freunden zu treffen, wobei er sich mitunter „echt unwohl“ fühle. Warum? „Weil so viele Themen aufkommen, die ich im Alltag gar nicht kenne. Dann bin ich völlig aus meiner Komfortzone. Aber es ist wichtig, Anderes zu erleben“, erzählt Van der Linde, der die WG mit Bruder Sheldon (“Es war schon wie eine Ehe, jetzt müssen wir uns wegen der Schmutzwäsche nicht mehr anschreien“) kündigte und allein in Kempten lebt – und auch in Bregenz wohnt. „Nächstes Jahr werde ich nur noch dort wohnen. Viele DTM-Helden haben schon am Bodensee gewohnt, mir gefällt es richtig gut.“ Und der Dialekt? „Schwierig, aber es wird.“
Bruder und Ex-Mitbewohner Sheldon kürte sich übrigens schon 2022 zum DTM-Champion. Nun will es ihm der ältere Bruder gleichtun: „Ich performe unter Druck am besten. Von dem her bin ich bereit.“