Wie stellt man sich das Leben einer jungen Tennisspielerin vor? Die Welt sehen? Seinem Sport nachgehen? Geld verdienen? Dazu gehört doch einiges mehr. Nachwuchsjuwel Lilli Tagger ist ein Paradebeispiel, was jemand investiert, um im Tenniszirkus bestehen zu können. „Mein Tag in der Akademie in Varese ist mit acht Stunden durchgetaktet. Es geht nicht rein ums Tennis, sondern auch um Fitness, Physio, Osteopathie, Analysen und Gespräche. Ich habe eine kleine Firma, kümmere mich um Rechnungen, so stemmt man seinen Alltag. Ich bin glücklich, wie es ist“, erzählt die 17-Jährige, die in einem Appartement in Italien lebt, täglich kocht, den Haushalt schmeißt und selbst ihre Schläger bespannt. Abgesehen davon ist sie nach ihren Erfolgen heiß begehrt, dabei ist sie eher der Typ, der den Rummel um die eigene Person gar nicht so genießt.
Hartnäckige Verkühlung
Zuletzt hatte die Lienzerin stressige Tage hinter sich. Tagger absolviert eine Onlineschule in Bozen (fünfjährige Oberstufe) mit gewissen Phasen, in der sie vor Ort sein muss. „Ich habe vor Paris ein paar Sachen zu erledigen und denke, dass ich danach freier im Kopf bin.“ Nicht genug musste sie sich mit einer hartnäckigen Verkühlung herumplagen, doch das French-Open-Abenteuer sorgt für Euphorie.
„Ich habe mich in Matchsituationen vorbereitet. Paris wird speziell, da es meine Premiere ist. Ich war letztes Jahr dort, konnte mir einen Eindruck machen und durfte reinschnuppern. Man muss so eine Bühne auch kennenlernen“, erklärt der Schützling von Ex-Weltklassespielerin Francesca Schiavone, die ihren bisher größten Erfolg heuer beim ITF-W35 in Terrassa gefeiert hat. Mit dem Triumph war sie die jüngste rot-weiß-rote Siegerin auf diesem Level seit 20 Jahren. Gedankenkino spielt sich bei der aktuellen WTA-Nummer 508 keines ab, „da ich jemand bin, der nie lange fackelt, sondern macht.“
Delikater Körper
Körperlich hat sich die 1,85-Meter große Tennisspielerin, die das Powertennis bevorzugt, enorm weiterentwickelt, trotz eines delikaten Körpers. Während die Beine kräftig und muskulös sind, ist jener Bereich um die Taille noch fragil. „Jetzt stehe ich schon ein Jahr. Bis ich 16 war, bin ich sogar in einem Jahr zehn Zentimeter gewachsen. Ich bin einen anderen Schwerpunkt gewohnt und damit groß geworden“, verriet das Toptalent, das am Court Bewegungsgeschick und Beharrlichkeit ausstrahlt. Sie verfügt über eine schnelle Auffassungsgabe, hat keine Angst davor, Dinge zu riskieren und zieht ihr Spiel gnadenlos durch.