Darf man davon ausgehen, dass mit einer WM-Silbernen das Leben eines Profisportlers schlagartig unbekümmert ist? Vor allem aus finanzieller Sicht?
Absolut nicht. Man bekommt Einladungen zu Galen und Ehrungen, aber außer dem Preisgeld, das man auch im Weltcup für einen zweiten Platz bekommt, hat es schlagartig nichts gebracht. Da es in einer nicht olympischen Sparte war, bekomme ich von der Sporthilfe 100 Euro im Monat. Der Wert der Silbernen ist ein sportlicher.

Es ist kein Selbstläufer?
Man muss sehr viel Eigeninitiative zeigen, um aus so einem Erfolg einen finanziellen Vorteil zu ziehen. Für mich ist es aber absolut kein Grund zum Jammern. Im Gegenteil. Für mich ist das ein Ansporn, noch härter zu arbeiten, mein Netzwerk zu erweitern und noch mehr in meine Boarderkarriere zu investieren.

War der Anzug für die Galen also teurer?
Nein (lacht). Den hatte ich schon. Ich weiß nicht, wie provokant man es sagen kann: Du musst aktiv sein, von selbst kommt da nichts herein. Du brauchst einfach die Kontakte zu den richtigen Leuten, sonst geht das nicht.

Sie haben mit Arvideo auch ein Unternehmen. Hat man da in wirtschaftlich angespannten Zeiten mehr Verständnis, dass sich Firmen beim Sponsoring zieren?
Die wirtschaftliche Lage ist sicher angespannt, aber es gibt auch immer Branchen, denen es gut geht. Man muss als Sportler auch schauen, welche Marken und Branchen gerade gut dastehen. Was ich aber auch immer schaue: Passt der Sponsor zu mir?

Darauf zu achten, geht sich aber auch nur aus, weil Sie eine eigene Firma haben …
Mit dem Sport alleine würde ein Leben generell nicht möglich sein. Mir war aber schon lange klar, dass ich mich absichern muss. Denn selbst wenn du Sponsoren hast, können die aufhören, dich zu unterstützen.

Steht die finanzielle Existenz auf tönernen Füßen, wenn man nicht in der "richtigen" Sportart ist?
Du kannst in allen Sportarten viel oder wenig verdienen. Aber in unserem Sport ist das "Viel" im Vergleich nicht viel. Die, die am besten verdienen, haben bei Weitem das Leben nicht ausfinanziert.

Wegen des Geldes wird man wohl nicht Profiboarder? 
Ich denke, dass ich für alle Snowboarder sprechen kann. In erster Linie geht es um die Leidenschaft und sicher nicht ums Geld. Aber es gibt auch in anderen Sportarten wie dem Skifahren nur einen geringen Prozentsatz, der richtig gut davon leben kann. Die anderen steigen mit null aus oder verdienen ein bisschen was.

Ihr Sport ist bei den Olympischen Spielen und bei Weltmeisterschaften sehr präsent, sonst aber nicht so …
Wir haben sicher nicht mehr die Präsenz, die wir hatten und die uns – aus unserer Sicht – zusteht. Wir müssen unseren Sport aber auch mehr in die sozialen Medien bringen und nach außen hin präsentieren. Ich versuche, es zu tun.

Was fehlt dem Boarden mittlerweile, um wieder so cool zu sein wie früher?
Es fehlen einerseits Events, die sehr nahe an den Menschen sind. Die Rennen sind sportlich sehr wertvoll, aber es ist kein Event. Aktuell kommen nur die Menschen, die sich fürs Boarden interessieren. Die Menschen müssen uns live sehen, ohne sich vorher dafür zu entscheiden. Zudem fehlen uns Aushängeschilder. Viele Menschen schauen Sport wegen der Sportler und nicht wegen des Sports selbst. Auch ich mache das.

Sehen Sie sich als Aushängeschild?
Ich würde gerne eines sein und mehr Leuten zeigen, wie geil unser Sport ist. Es geht nicht darum, jemandem einzureden, dass das der allerbeste Sport ist. Ich will Interesse wecken – ob man das dann entfacht, kann man nicht beeinflussen.

Wie geht sich ein Profisport mit einem Arbeitsleben aus?
Es bedarf einer ständigen Planung und auch Priorisierung. Man muss immer wieder Abstriche machen. Ich arbeite zielstrebig, aber der Weg ist nicht immer der gleiche.

Wie lange geht das noch?
Ich habe keinen detaillierten Businessplan, was ich in ein paar Jahren machen werde. Es hängt auch immer davon ab, wie sich der Betrieb im Sommer weiterentwickelt, denn im Winter steht nichts über dem Snowboarden. Die Firma soll wachsen und auch ohne mich gut laufen. Dann habe ich vielleicht auch wieder mehr Zeit.

Kann ein Profisportler abgeben?
Ich lerne es. Aber ich vertraue auch im Winter darauf, dass mein Servicemann eine größere Kompetenz beim Präparieren hat. Auch in der Firma sehe ich, dass Mitarbeiter in Bereichen etwas besser können. Und das ist gut für die Firma.

Es steht eine Saison ohne Großereignis an ...
Mir taugen trotzdem nicht alle Rennen gleich. Vor allem die Heimrennen sind mir besonders wichtig. Ich habe im Sommer auch sehr viel an der Athletik trainiert, um meine Technik besser fahren zu können. Dass ich mehr Schwung herausholen kann.

Haben Sie was verändert?
Ich gehe viel konzentrierter an mein großes Ziel Gesamtweltcup, WM und Olympia heran. Der erste Schritt ist es jetzt im Winter, Rennen zu gewinnen.

Sie sind Slalomspezialist, aber nur der Riesentorlauf ist olympisch …
Ich habe die letzten zwei Wochen sehr viel in dieser Disziplin gelernt und weitergebracht. Und die Athletik hilft mir, dass ich nötigen Techniken besser umsetzen kann.

Wie ist das Gefühl?
Das ist schwer einzuordnen und wird sich sicher erst zum Saisonbeginn herauskristallisieren. Aber ich bin in einem sehr starken Team und wenn du da vorne dabei bist, bist du es auch im Weltcup.