In der Champions League wird nicht gekleckert, es wird geklotzt. Das Beste ist gerade gut genug. In diesem Zusammenhang nimmt sich der Anspruch des FC Salzburg, Spieler für die Konkurrenz heranreifen zu lassen, extrem bescheiden aus. Dennoch lässt der österreichische Serienmeister nichts unversucht, jedes Jahr so weit wie möglich zu kommen. Und nun stehen sie vor der größten Herausforderung für den Klub, seit Red Bull das Sagen hat, denn so weit vorgedrungen wie jetzt waren sie zuvor noch nie. Der FC Bayern gastiert im Achtelfinale der Champions League in der heimischen Arena, und das ist laut Salzburg-Trainer Matthias Jaissle der „wahrscheinlich beste Klub der Welt“.

Jaissle gehört zu einer jungen, aufstrebenden Trainergeneration und fällt damit in die gleiche Kategorie wie sein Gegenüber Julian Nagelsmann. 257 Tage nur liegen die beiden altersmäßig auseinander und der ein bisschen Jüngere, nämlich Jaissle (33), zeigt sich vor dem ersten Duell demütig. „Julian hat mir einiges voraus, er ist ein absoluter Toptrainer“, meint der Salzburg-Coach, der sich jedoch ansonsten nicht weit hinauslehnen will. Eigentlich gebe es „nichts zu vergleichen“. Und wie spricht Nagelsmann über den Kollegen? Sie kennen einander, das macht der Bayern-Trainer unmissverständlich klar. „Wir haben einen sehr guten Draht zueinander.“ Jaissle lasse einen „interessanten Fußball spielen“. Ob das ein versteckter Hinweis darauf ist, dass ihn Salzburg eventuell überraschen könne, lässt sich der Ex-Leipzig-Betreuer natürlich nicht anmerken.

Bei der Ehre gekitzelt

Die Salzburger stehen vor dem Problem, dass die Bayern mit dem 2:4 gegen Bochum eben erst eines ihrer – seltenen – schlechteren Spiele abgeliefert haben. Dass dies zweimal hintereinander passiert, ist noch unwahrscheinlicher. Thomas Müller weiß das, und als altgedienter Bayern-Recke kennt er die Mentalität der Mannschaft. Eine Niederlage wie diese „kitzelt“ das Team „bei der Ehre“, so etwas darf ein FC Bayern nicht auf sich sitzen lassen. Also könnten sich die Gegner auf etwas gefasst machen. „Wir sind heiß auf das Spiel. Ich hoffe, dass wir im Nachgang sagen können, dass es für Salzburg nicht gut war, dass wir verloren haben“, meinte der 32-Jährige. Dass knapp 30.000 zuschauen, findet Müller übrigens auch toll, denn schließlich gab es so ein volles Haus schon längere Zeit nicht mehr zu genießen. „Ich bin gespannt, wie die Stimmung sein wird, es gibt ja auch in Österreich viele Bayern-Fans.“

Doch Jaissle weiß natürlich Bescheid über die bayrische Gereiztheit und er hat seine Burschen daher auch auf die zu erwartende Reaktion eingestellt. „Die wollen das so schnell wie möglich wiedergutmachen, wir haben das analysiert“, erklärte der Salzburg-Trainer und legte aber gleichzeitig so viel Selbstbewusstsein an den Tag, um festzuhalten, dass „wir unser Spiel durchbringen wollen.“ Soll heißen: Wenn die Bayern reagieren, werden wir agieren, so einfach kann das in der Theorie aussehen.

Es ist ihm eine Ehre

Praktisch gesehen, kann das Fehlen von Manuel Neuer den Salzburgern in die Karten spielen. Schließlich halten beide Trainer den 35-Jährigen für den „besten Torhüter der Welt“, also muss es die Bayern eigentlich schwächen, wenn dieser nicht zur Verfügung steht. „Aber die Bayern können das auffangen“, sagt Jaissle, und Nagelsmann bekräftigt: „Wir haben vollstes Vertrauen in Sven (Ulreich)“, den Ersatztorhüter.
Die Bayern tatsächlich auf die Probe stellen und damit auch Ulreich prüfen wollen vor allem Karim Adeyemi und Noah Okafor. „Ich bin ein Münchner Junge“, meinte Adeyemi, angesprochen auf seine Bayern-Zeit in der frühen Jugend. Aber wenn er gegen die Bayern spiele, handle
es sich nicht um Rivalität. „Es ist für mich eine Ehre.“ Schließlich weiß der Jungstürmer, dass er heute einigen seiner Kollegen in der deutschen Nationalmannschaft begegnen wird, die will er nicht unnötig aufstacheln. Denn auch Adeyemi weiß, dass die Bayern ohnehin schon sehr gereizt sind.