Eine Mitgliedschaft beim FC Bayern München ist ein Kinderspiel. Es genügt, sich auf der Webseite registrieren und in weiterer Folge 60 Euro zu überweisen. Das ist der Erwachsenen-Tarif für eine Jahresmitgliedschaft beim mit Abstand erfolgreichsten deutschen Fußballklub. Wer sich einschreibt, ist dann einer von derzeit 293.000 Angehörigen der "Mia-san-mia" (übersetzt: "Uns kann keiner was tun")-Gesellschaft, es handelt sich um die größte Sportvereins-Partie der Welt. Die Anzahl der Mitglieder des FC Red Bull Salzburg ist hingegen ein gut gehütetes Geheimnis, eine Anfrage stößt ins Leere, sie dürfte sich im einstelligen bzw. niedrigen zweistelligen Bereich bewegen, aber darauf kommt es im sportlichen Wettbewerb nicht an.

Allerdings prallen heute im Salzburger Stadion Wals-Siezenheim zwei Welten aufeinander. Als aufmüpfiger Gastgeber agiert der FC Salzburg, der seit 2005 mit dem damals in einer Art Neuübernahme erfolgten Einstieg von Red Bull vor allem die österreichische, aber mittlerweile auch die europäische Fußball-Landkarte nachhaltig beeinflusst. Die Gäste vom FC Bayern können indes mit einer 122-jährigen Tradition sowie enormen Erfolgen auf nationaler wie internationaler Ebene aufwarten und stehen im Klub-Ranking der Europäischen Fußball-Union aktuell auf Platz eins. Das entspricht so ziemlich exakt den höchsten Ansprüchen des deutschen Rekordmeisters an sich selbst.

Die Bayern dominieren die deutsche Bundesliga seit Jahren, ebenso wie es die Salzburger auf österreichischer Ebene praktizieren. Der Weg zu den Erfolgen wird jedoch auf völlig unterschiedliche Weise beschritten. Die Münchner sind eine Anlaufstelle für Topstars, haben jedoch in den vergangenen Jahrzehnten nie über ihre Verhältnisse gewirtschaftet. Das Handeln mit Augenmaß machte sich bezahlt, denn im Gegensatz zu den meisten europäischen Groß-Klubs wie Real Madrid, Barcelona, Manchester City usw., die mit Hunderten von Millionen Euro in der Kreide stehen, also tiefrote Zahlen schreiben, stehen die Bayern schuldenfrei da. Dennoch schafften sie es, 2020 die Champions League für sich zu entscheiden. 

Sie erwirtschaften Überschüsse

Auf die finanzielle Butterseite gefallen ist freilich auch der FC Salzburg, der vom Dosenimperium des Dietrich Mateschitz zuverlässig gefüttert wird. Das mutmaßliche Budget von rund 80 Millionen Euro könnte wohl beliebig in die Höhe getrieben werden, doch scheint dies aufgrund der soliden Arbeitsweise und der ausgefeilten Personalpolitik in keiner Weise nötig zu sein. Jahr für Jahr verzeichnet der Serienmeister wesentlich mehr Einnahmen als Ausgaben. Allein im vergangenen Jahr erwirtschafteten die Salzburger im Spielersektor einen Überschuss von mehr als 50 Millionen Euro.

Dies hängt eng zusammen mit der seit etlichen Jahren erfolgreich umgesetzten Klub-Philosophie, junge Talente auszubilden und dann gewinnbringend an die Mächtigen der Fußballwelt abzugeben. Der FC Bayern muss sich, um den Level zu halten, auch auf dem Markt umsehen. Ob er, wie es gerüchteweise die Runde macht, tatsächlich den noch nicht fertig geschliffenen Salzburger Rohdiamanten Karim Adeyemi schon im Sommer holt, bleibt jedoch abzuwarten. Derzeit wird dies weder bestätigt noch dementiert. Sportchef Christoph Freund umschreibt die unterschiedliche Herangehensweise der beiden Klubs kurz und bündig. "Wir entwickeln Superstars, zu den Bayern gehen Superstars."

Karim Adeyemi
Karim Adeyemi © GEPA pictures

Zum Selbstverständnis des FC Bayern gehörte zumindest bis in die jüngere Vergangenheit die sehr offensiv angelegte Ausrichtung der Führungsetage in Gestalt der mittlerweile als Präsident bzw. Vorstandsvorsitzender abgetretenen Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge. Die einstigen Spitzenfußballer prägten in den vergangenen Jahrzehnten das Bild des Vereins, nicht zu vergessen der früher ebenfalls omnipräsente Ehrenpräsident Franz Beckenbauer. Inzwischen wurden die handelnden Personen an der Spitze ausgewechselt. Als Präsident amtiert seit Herbst 2019 der ehemalige Adidas-CEO Herbert Hainer.

Unterschiedliche Auftrittskultur

Dieser entstammt zwar wie Hoeneß einer Fleischhauer-Familie, wirkt aber ansonsten wie ein Ruhepol nach dem Poltergeist. Letzterer ist nach wie vor im Hintergrund aktiv, wie er erst am Montag im ServusTV-Talk zum Besten gab. Er treffe sich regelmäßig mit Hainer und dem im vergangenen Sommer eingesetzten neuen Vorstandschef, dem einstigen Weltklasse-Torhüter Oliver Kahn. "Ich habe ja beide ausgesucht, deshalb stehe ich auch mit Rat und Tat zur Verfügung. Aber sie müssen das schon selber machen." Auch Hainer hebt die bedeutende gesellschaftspolitische Rolle des FC Bayern hervor.

Bei den Salzburgern treten die nominellen Chefs in der Öffentlichkeit nicht wirklich in Erscheinung. Vorstandsvorsitzender ist laut dem Zentralen Vereinsregister der einheimische Unternehmer Harald Lürzer, als weitere Vorstandsmitglieder scheinen der Unfallchirurg Herbert Resch  sowie Franz Rauch, Seniorchef der Getränkemarke und Red-Bull-Abfüllfirma, auf. Und immer wieder gibt sich auch Imperiumshüter Dietrich Mateschitz "seinem" Fußball österreichischer Prägung im Stadion die Ehre. Immerhin steht der FC Salzburg im Achtelfinale der Champions League. Dem vermeintlich größeren Red-Bull-Bruder in Leipzig blieb der Aufstieg in dieser Saison verwehrt. Die Salzburger haben sich elegant emanzipiert.