Und sie verlieren doch, die Mannschaften in weißen Trikots. Neun K.o.-Duelle bei dieser Europameisterschaft hat die Mannschaft in den weißen Dressen für sich entschieden. Doch dann kam Italien und hatte etwas gegen die Weiße Weste – in diesem Fall gegen jene der Spanier. Italien ist der erste Finalist der Europameisterschaft. Es ist der große Erfolg von Teamchef Roberto Mancini, der übernahm, nachdem Italien die Qualifikation für die Weltmeisterschaft 2018 verpasst hatte und seither mit Kapitän Giorgio Chiellini und Kollegen nur zwei Partien verloren hatte. Zuletzt am 10. September 2018.

Dabei hatte zu Beginn der Partie im Wembley Stadion in London Spanien mehr vom Spiel. Und nach zwölf Minuten hätte Mikel Oyarzabal den Europameister von 2008 und 2012 das erste Mal in Führung bringen können. Ein fantastisches Zuspiel von Barca-Jungstar Pedri, der Stürmer von Real Sociedad hatte aber Probleme den Ball zu bändigen. Der Ball lief gut bei den Spaniern, 70 Prozent Ballbesitz für die Elf von Luis Enrique wies die Statistik nach 20 Minuten aus. Und Italien spielte so, wie Italien vor Mancini spielte: Im tiefen Block und auf Umschalter wartend. Es war ein sehenswertes Halbfinale mit zwei gleich guten Mannschaften – und gefühlten Vorteilen für Spanien.

Zählbares schaute nicht heraus, weil die Spanier Chancen nicht nutzten. Die größte vergab Leipzig-Legionär Dani Olmo, der an Gianluigi Donnarumma scheiterte. Der Schlussmann der Italiener war aber nicht so souverän wie zuletzt, leistete sich im Spielaufbau den einen oder anderen haarsträubenden Abspielfehler. Von Tormannfehlern profitierte auch Italien: Schon nach 20 Minuten war Unai Simon hochmotiviert aber grundlos aus seinem Strafraum geeilt, Ciro Immobile wurde den Ball aber nicht schnell genug wieder los und die Spanier stellten alles zu.
Nach 60 Minuten gelang genau das nicht. Zuerst lief Immobile der spanischen Hintermannschaft davon, Chiesa kam an den Ball wurde nicht attackiert, sondern nur beobachtet und konnte seelenruhig ins lange Eck schlenzen. Unai Simon war chancenlos – Spanien nicht. Die Elf von Luis Enrique fand vor und nach der Führung der Italiener Großchancen vor. Sergio Busquets, Kapitän und Taktgeber – aber sicher nicht Goalgetter –, scheiterte nach 52 Minuten von der Strafraumgrenze.

Oyarzabal verpasste nach 65 Minuten per Kopf, Alvaro Morata nur wenig später aus kürzester Distanz, aber spitzem Winkel. Nach 80 Minuten machte es der Juventus-Stürmer gegen seine Mannschaftskollegen besser. Ein feines Zuspiel von Olmo und der Mittelstürmer, der zuletzt mit Toren geizte, schob eiskalt ein. Und Spanien war zurück im Spiel – und zehn Minuten später das dritte Mal in Folge in der Verlängerung. In dieser hatten die Spanier, wie in den 90 Minuten zuvor, mehr vom Spiel und scheiterte, wie in den 90 Minuten zuvor, an der Chancenverwertung.

Und so musste, zum dritten Mal in diesem Turnier, das Elfmeterschießen entscheiden. Da hatten die Italiener die besseren Nerven. Ausgerechnet Morata, der mit seinem Ausgleich Spanien in die Verlängerung brachte, scheiterte an Donnarumma. Und Jorginho machte alles klar.