Donnerstag, 31.12.2020, 22:30 in Österreich bzw. 14:30 in Edmonton, Alberta, Kanada. Das Abenteuer World Juniors, die U20-Weltmeisterschaft der besten zehn Junioren-Nationalteams der Welt, geht für das österreichische Nationalteam aller Voraussicht nach zu Ende. Aller Voraussicht nach, weil bereits beim durchaus überraschenden und umso höher zu bewertenden Aufstieg in die Gruppe der Top-Nationen am 15.12.2019 in Minsk feststand, dass die Gegner in Edmonton im folgenden Jahr Kaliber sein werden, die weit außerhalb der Reichweite der Rot-weiß-roten Equipe sein werden.

In den Kadern der Gruppengegner USA (23), Schweden (18), Russland (18) und Tschechien (9) befinden sich vor dem letzten Cut auf 22 Feldspieler und 3 Torhüter in Summe nicht weniger als 68 Draft-Picks. Mit Marco Rossi hat das Team von Roger Bader dagegen nur einen Draft-Pick aufzubieten. Aber der hat es dafür in sich. Rossi, seines Zeichens der zweithöchste Draft-Pick (Nummer 9) mit österreichischem Pass der NHL-Geschichte, überstrahlt in Sachen Skills und Bekanntheit natürlich den Rest des Kaders.

Gegenüber dem erweiterten Kader, der Anfang November die Alterskollegen aus Ungarn zwei Mal in überzeugender Manier besiegte, kam es Covid19-bedingt zu einigen schmerzhaften Ausfällen. Mit dem Klagenfurter Thimo Nickl, einem der vielversprechendsten Verteidiger der letzten Jahre und zweitem österreichischen Draft-Pick 2020 muss Assistant Coach Philipp Pinter, in dessen Aufgabenbereich die Defensive fällt, auf einen Turm in der Verteidigung verzichten.

Außerdem fehlen mit Martin Urbanek mit Kilian Zündel zwei Verteidiger mit der Erfahrung von knapp 100 Bewerbspielen im Erwachseneneishockey. Gerade für eine Eishockeynation wie Österreich wiegt der Ausfall der beiden Top-Verteidiger Nickl und Zündel exponentiell schwerer als für die Top-Nationen bei diesem Turnier. Diese können aus einem ungleich größeren Pool an Spielern schöpfen und Ausfälle nachbesetzen.

Neben den gesetzten Lukáš Nečesany und Philipp Wimmer, beide aus der Red Bull Academy, Luis Lindner, Niklas Wetzl und Jacob Pfeffer sowie Bernhard Posch und Timo Pallierer (beide aus dem Nachwuchs der Vienna Capitals) kämpfen Jonas Kutzer (Dornbirn und Bregenzerwald) und Moritz Mölls (Okanagan, St. Pölten) um den verbleibenden achten Platz in der Verteidigung. Mit Nečesany und Kutzer verfügt das Team aber über nur zwei Rechtsschützen in der Verteidigung. Ein Problem, das sich durch die Auswahlmannschaften aller Altersklassen zieht.

Besser sieht es hingegen in der Offensive der Österreicher aus. Hier werden aller Voraussicht nach Tim Harnisch (RB Academy), Marco Rossi (Minnesota Wild, NHL) und Senna Peeters (einer von sieben Spielern, die Teil des Aufstiegsteams in der letzten Saison waren) den Paradesturm bilden. Der in Belgien geborene und kurz vor Beginn der letztjährigen WM eingebürgerte Rechtsschütze, spielte vor dem WM-Camp bei Rögle in Schwedens U20-Liga, kehrt nach den World Juniors aber wieder nach Québec zurück.

Die zweite Angriffsanzug wird ein Kärntner werden. Lucas Thaler und Marco Kasper, die sich derzeit beide in der schwedischen U18 bzw. U20-Liga beweisen, werden durch Fabian Hochegger ergänzt, der Teamkollege von Thimo Nickl in der Québec Major Junior Hockey League bei Drummondville ist, momentan aber wieder das Dress des KAC-Farmteams in der Alps Hockey League trägt. Mit 16 Jahren ist 2004er-Jahrgang Marco Kasper der jüngste Spieler des Turniers und einer der aussichtsreichsten Kandidaten, das Turnier als Sprungbrett nutzen zu können.

Diese beiden Angriffslinien, die für das Scoring zuständig sein werden, könnten mit den vorhandenen individuellen Skills definitiv aufzeigen. Da die Angriffslinien drei und vier überwiegend für das Körperspiel und für die Entlastung der ersten beiden Angriffslinien verantwortlich sein werden, baut Roger Bader hier auf Physis: Leon Wallner, Clemens Krainz, Julian Pauschenwein, Dominik Unterweger, Marlon Tschofen, Mathias Böhm und Finn van Ee (KAC) entsprechen (für österreichische Verhältnisse) mit einer Durchschnittsgröße von 1,85m und 84kg dieser Rolle sehr gut.

Auf der Torhüterposition ist Team Austria mit Sebastian Wraneschitz (Jahrgang 2002), der bei den Vienna Capitals in der ICE in sechs Spielen vier Mal als Sieger vom Eis ging, Jakob Brandner (Kotkan Titaanit, Finnland) und Leonhard Sommer (Steel Wings Linz) stark aufgestellt.

Wenn auch der Teamspirit stimmt, wovon man bei einem krassen Außenseiter, wie es Österreich bei den World Juniors grundsätzlich immer ist, ausgeht, kann die eine oder andere Überraschung gelingen. Und eine Überraschung ist angesichts der Übermacht der Gruppengegner Österreichs eine Niederlage im überschaubaren Bereich. So realistisch muss man sein.

Zudem können die Österreicher befreit aufspielen, sie sind auch bei den nächsten World Juniors 2022, abermals in Kanada, dabei. Aufgrund der Absage der Weltmeisterschaften der anderen Leistungsklassen, gibt es keinen Ab- bzw. Aufsteiger.