Heute geht ab 11 Uhr in Wien die außerordentliche Hauptversammlung des Österreichischen Olympischen Comitèes (ÖOC) über die Bühne. Oder auch nicht. Denn: Jene fünf Verbände, die von dem Recht der Einberufung Gebrauch machten, zogen den Antrag auf diese Hauptversammlung wieder zurück – und das bedeutet ihrer Ansicht nach, dass es diese gar nicht geben dürfe. Das ÖOC wiederum sieht durch die Rücknahme des ursprünglichen Antrages kein Hindernis: Einberufen wurde schließlich vom Präsidenten bzw. dem Vorstand – und damit habe die Rücknahme keine Wirkung mehr.

So oder so: Wer auf olympischen Frieden im Hickhack um das ÖOC gehofft hatte, dessen Hoffnung hat sich in Luft aufgelöst. Denn rund um diese Hauptversammlung vertieften sich die Gräben zwischen Parteien eher, als dass die Zeit seit der Auseinandersetzung um die Absetzung des Wahlausschusses Wunden geheilt hätte. Im Gegenteil: Interpretiert man die Handlungen und Meinungen beider Seiten richtig, dann ist dieser Streit wohl wirklich nur noch auf juristischem Wege zu lösen.

Einziger Tagesordnungspunkt für die Montagssitzung: Die Abstimmung des Wahlvorschlages der (zumindest zwischenzeitlich) abgesetzten Wahlkommission. 47 Stimmen sind zu vergeben – und an dieser Stimmabgabe wird sich zeigen, ob die fünf Verbände, die sich gegen den Status quo auflehnen, genug andere Verbände haben, die diesen Weg mitgehen, oder ob dann doch nochmals ein neuer Vorschlag ausgearbeitet werden muss. Oder, ob der diskutierte Vorschlag angenommen wird, aber Präsident Karl Stoss dann doch nicht zu einer Verlängerung seiner Amtszeit bereit ist.

Das vierte Szenario: Die Sitzung ist ungültig

Seit dem Wochenende gibt es aber noch ein Szenario: Jenes, dass die Hauptversammlung nämlich aufgrund des zurückgezogenen Antrages oder anderer formaljuristischer Fehler gar keine Gültigkeit besäße. Und dann würde es wirklich kompliziert.

Vor der Hauptversammlung aber wurden wieder innerhalb des Zirkels (teilweise offene) Briefe und Repliken auf diese Briefe versandt. Dazu kommt, dass das ÖOC offenbar auf hart schaltet: Zur Hauptversammlung wurde nur ein Vertreter pro Verband zugelassen. Zudem monieren einige, dass fristgerecht eingebrachte Anträge nicht auf der Tagesordnung aufscheinen bzw. auch nicht, wie an sich verpflichtend, an die Mitglieder versandt wurden. So oder so geht es nun aber eben um die grundlegende Gültigkeit der Versammlung. Schwimmverbands-Präsident Arno Pajek ist sich sicher: "Jetzt kommt skurrile Situation, dass die Hauptversammlung, wenn wir den Antrag als beantragende Partie zurückziehen, juristisch nicht mehr existent ist. Dann findet also eine Zusammenkunft statt, die juristisch nichtig ist. Die ist nicht nur anfechtbar, die ist nichtig, ein rechtliches Nullum", erklärt der Anwalt.

Klar ist also, dass die Geschichte mit der Abhaltung der Hauptversammlung nicht beendet sein wird. Das Tuch zwischen den Parteien scheint zerschnitten, niemand will nachgeben. Und es ist durchaus wahrscheinlich, dass ab Montag wirklich Anwälte und Gerichte am Wort sind, die alle Fragen klären sollen, die nun im ÖOC offen sind.