Ob in Airlie Beach, am traumhaften Whitehaven Beach oder bei der „Raubtierfütterung“ eines Wallabys auf Magnetic Island vor Townsville im Norden der Ostküste Australiens – Ex-Skispringer Lukas Müller genießt die idyllischen Strände, eine Vielzahl an Wildtieren sowie atemberaubende Wanderwege – und das mit Rollstuhl und Krücken. „Ich hab‘ mich sogar getraut und bin mit einer Schlange auf Tuchfühlung gegangen. Und ich lebe noch. Im Wasser muss man nur auf Quallen aufpassen. Es stehen überall am Strand Essigflaschen, um es sofort behandeln zu können“, erzählt der Kärntner, der mit Freundin Julia seinen Bruder Bernhard samt Familie in „Down Under“ besucht.

Der Spittaler vermittelt den Eindruck, dass selbst Fernreisen mit Rollstuhl realisierbar sind. „Klar ist es mit einer limitierten Bewegungsfreiheit generell aufwendiger und anstrengender und du kannst nicht alles mitmachen, aber ich kann trotzdem ganz normal am Leben teilnehmen und coole Sachen erleben“, konkretisiert Müller und lässt mit einer prägnanten Aussage aufhorchen: „Verkriecht euch nicht, es gibt keinen Grund.“

„Im Vergleich zu Europa ist das hundert zu eins“

Angesprochen auf eine bestimmte Tatsache, gerät der 32-Jährige ins Schwärmen und thematisiert schließlich die Barrierefreiheit: „Hier gibt es kaum Geschäfte oder Restaurants, die nicht über eine Rampe verfügen. Die Australier haben eine Liebe zum Detail. Sie beschäftigen sich mit Beeinträchtigung. Im Vergleich zu Europa ist das hundert zu eins. Jede öffentliche Toilette hat ein Behinderten-WC, genauso wie fast jedes noch so kleine Lokal.“ Die überdimensionalen Parkplätze seien im Prinzip nicht zu übersehen und hellblau gekennzeichnet. „Da gibt‘s keine Ausrede, die nicht zu erkennen“, grinst der passionierte Rollstuhl-Rugbyspieler, der 2023 beim „Wings for Life World Run“ sensationelle 2,35 Kilometer mit Krücken in 41 Minuten absolvierte.

Müller wirft praktisch nichts so schnell aus der Bahn, doch heuer brachte ihn ein Beinahe-Blinddarmdurchbruch an seine Grenzen. „Das ein oder andere Wehwehchen gibt es natürlich, aber sonst geht‘s mir gut. Ich werde halt auch nicht jünger.“ Was er definitiv vermeiden möchte?

Im Jänner jährt sich jener Horrorsturz am Kulm mit fatalen Folgen zum insgesamt neunten Mal. Es war der 13. Jänner 2016, der sein Leben schlagartig veränderte – seither ist der mehrfache Junioren-Weltmeister inkomplett querschnittgelähmt. Dementsprechend ist ihm bewusst,

Müller realisiert am laufenden Band, dass „mich nicht einmal der Querschnitt an bestimmten Sachen hindert. Das ist eine Genugtuung. Der Querschnitt lässt sich nicht verleugnen, aber ich kann aufgrund meiner Funktionen Dinge erleben, die ich schon vor dem Sturz machen wollte“, verdeutlicht der selbstständige Vermögensberater und regt an: „Es ist alles andere als pietätlos, wenn man uns anspricht.“ Er hegt nach wie vor die Absicht, denjenigen Mut zu machen, die selbst einen Schicksalsschlag erleiden mussten und womöglich die Hoffnung längst aufgegeben haben. „Grämt euch nicht, wenn es euch schlecht geht. Niemand ist eine Maschine.“