Ministerpräsident Benjamin Netanyahu sagte unterdessen, es bleibe noch genügend Zeit, um eine solche "unnötige" Wahl zu verhindern. Ein erneuter Urnengang würde das Land "ein Vermögen kosten und uns alle für ein weiteres halbes Jahr lähmen", erklärte Netanyahu nach der Abstimmung in der Knesset. "Es bleibt noch Zeit, und in 48 Stunden können wir vieles erreichen."
Dem Regierungschef und seiner Likud-Partei ist es seit der Parlamentswahl am 9. April nicht gelungen, eine Regierungskoalition zu bilden. Die Frist zur Regierungsbildung läuft am Mittwochabend ab. Eine von Netanyahu angestrebte Regierungskoalition rechter und religiöser Parteien scheiterte bisher am Widerstand des ehemaligen Verteidigungsministers Avigdor Lieberman und dessen Partei Israel Beitenu (Unser Haus Israel). Streitpunkt ist dabei die Frage, ob auch streng orthodoxe Juden in Zukunft zum Militärdienst verpflichtet werden.
Ein Gesetzentwurf Liebermans sieht das vor. Die streng religiösen Parteien wollen das aber nicht mittragen. Netanyahu ist auf die fünf Sitze von Israel Beitenu, aber auch auf die 16 Sitze der Orthodoxen angewiesen. Die Likud-Partei hatte Israel Beitenu am Montag aufgefordert, einen Kompromiss zu schließen. Lieberman aber sagte, er habe bereits Zugeständnisse gemacht und sei nicht bereit, noch weiter zu gehen. Er sei bereit für Neuwahlen, wenn nötig. "Es geht ums Prinzip", sagte Lieberman Journalisten. Netanyahus Unfähigkeit, eine Regierung zu bilden, nannte er ein "riesiges, nie da gewesenes Versagen".
Sollte es bis Mittwochnacht keine Einigung auf eine Regierungskoalition geben, könnte Präsident Reuven Rivlin Netanyahu weitere zwei Wochen gewähren oder ein anderes Parlamentsmitglied mit der Regierungsbildung beauftragen. Der Ministerpräsident könnte auch versuchen, eine Minderheitsregierung zu bilden.
Israel hatte am 9. April ein neues Parlament gewählt. Der Likud erhielt 35 von 120 Sitzen im Parlament, genau so viele wie das Oppositionsbündnis der Mitte des Ex-Militärchefs Benny Gantz, Blau-Weiß. Insgesamt hat das Lager rechter und religiöser Parteien eine Mehrheit. Jedoch streiten die möglichen Koalitionspartner des Likuds vor allem über ein Gesetz, das schrittweise mehr strengreligiöse Männer zum Wehrdienst verpflichten soll.
Laut Ofer Kenig, Wissenschafter vom Israelischen Demokratie-Institut (IDI), müsste nach Verstreichen der Frist für Netanyahu normalerweise ein anderer Kandidat mit der Regierungsbildung beauftragt werden. Dies müsse nicht Gantz sein, es könne auch ein anderes Likud-Mitglied sein.
Allerdings erlaube das Gesetz dem Parlament auch, "den Prozess zur Regierungsbildung zu unterbrechen und vorgezogene Wahlen auszurufen". Dafür brauche es eine Mehrheit von 61 Stimmen im Parlament - in drei Abstimmungen.
Sollte die Regierung eine Mehrheit in der ersten Lesung erhalten, werde es vermutlich am Mittwoch die zweite und dritte Lesung geben. Die Wahlen müssten rund drei Monate nach Auflösung der Knesset stattfinden - also Ende August, Anfang September, sagte Kenig.
US-Präsident Donald Trump wünschte auf Twitter, dass die Regierungsbildung noch erfolgreich verlaufen werde. "Hoffe, (...) Bibi und ich können weiter die Allianz zwischen Israel und Amerika stärker als jemals zuvor machen", schrieb Trump. Bibi ist der Spitzname Netanyahus. Ein Oppositionspolitiker kritisierte die Aussage laut dem israelischen Fernsehen als Einmischung in die Innenpolitik des Landes.