Nach Auftritten in St. Petersburg verbringt die ehemalige österreichische Außenministerin Karin Kneissl den Sommer im Dorf Petruschowo in der russischen Region Rjasan, um hier ein Buch über die aktuelle Lage in Europa zu schreiben. Dies berichtete am Dienstag das Rjasaner Nachrichtenseite Vidsboku.com (Blick von der Seite, Anm.). Kneissl erzählte dem Lokalmedium auch, dass sie ihren Hochzeitsgast Wladimir Putin 2019 zum letzten Mal getroffen habe.

Kneissl sei am Samstag bei einem Sommerfest in Erscheinung getreten, informierte das Lokalmedium. "In Petruschowo gibt es keine Sehenswürdigkeiten, aber es handelt sich um ein gepflegtes russisches Dorf. Mittlerweile ist das selten", beschrieb Vidsboku.com den Ort. Die ehemalige österreichische Außenministerin habe das Haus einer Französin gemietet, bereits viele Dorfbewohnerinnen und -bewohner kennengelernt und führe kein Einsiedlerleben.

"Ich weiß nichts über meine Zukunft, nichts"

Dem Medium selbst erzählte die Ex-Politikerin, dass es ihr im Dorf gefalle und sie bereits für ein weiteres Monat die Miete bezahlt habe. Danach werde man sehen. "Ich weiß nichts über meine Zukunft, nichts", sagte sie im Interview, das wegen Kneissls einstweilen rudimentärer Russischkenntnisse auf Englisch geführt wurde. Kneissl erzählte erneut, dass sie Österreich verlassen habe müssen. Aber auch in Frankreich habe sie nicht arbeiten dürfen und es sei ihr dort die Eröffnung eines Bankkontos versagt worden. Sie habe Angst bekommen. "Ich musste aus Europa fliehen, man hat mich nirgends aufgenommen", erzählte sie.

In Petruschowo lerne sie nun Russisch und schreibe an einem Buch zur aktuellen Lage in Europa, das im Oktober oder November 2023 erscheinen solle. Sie sei eingeladen worden, an der Staatlichen Universität in St. Petersburg zu unterrichten. Kneissl erwähnte zudem den an dieser Uni kürzlich eingerichteten Thinktank "Geopolitical Observatory for Russia's Key Issues" ("Geopolitisches Observatorium für Russlands Schlüsselthemen", Anm.), der von ihr geleitet wird.

Auf Putin-Hochzeit angesprochen

Angesprochen wurde Kneissl von den Lokaljournalisten auch auf ihre Hochzeit im Jahr 2018, der seinerzeit der russische Präsident Wladimir Putin beigewohnt hatte. "In meinem Leben ist viel passiert, aber die ganze Zeit werde ich dazu befragt", beklagte die Ex-Politikerin. Das letzte Mal habe sie Putin 2019 getroffen, beantworte sie die Frage, ob sie Kontakt zum russischen Staatsoberhaupt halte.

Das fünf Autostunden südöstlich von Moskau gelegene Petruschowo, in dem laut öffentlichen Angaben nur wenige Dutzend Menschen leben, darf trotz fehlender Attraktionen als eines der bekannteren Dörfer Russlands gelten. Denn dank der Aktivitäten der in Moskau tätigen Französin Irène Commeau, die hier seit Mitte der Neunzehnneunziger Immobilienbesitz erworben hat, schaffte es der Ort sogar in die internationale Presse. Selbst die New York Times berichtete 2009 aus Petruschowo.