Kanzler Karl Nehammer sorgte mit seiner "Rede zur Zukunft der Nation" beim grünen Koalitionspartner stellenweise für Unverständnis. Neben Seitenhieben zur Frage des Genderns ließ der ÖVP-Chef den Verbrennungsmotor hochleben – und setzte beim Kampf gegen den Klimawandel vor allem auf Technologiesprünge.

"Ideologisches Festhalten am Verbrenner und ein bisschen Technologie werden das Klima nicht retten", ließ Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) am Samstag wissen. Während Nehammer keinen Beweis für "Untergangs-Apokalypsen" der Klimaschützer sieht, richtete Gewessler dem Koalitionspartner aus: "Wir nehmen die Klimakrise und die Sorgen der Menschen in Österreich ernst. Das sollte auch der Kanzler tun."

Klima-Forscher kritisieren Nehammer

Unterstützung erhielt die grüne Ministerin am Samstag aus der Wissenschaft: "Die wissenschaftliche Evidenz zeigt eindeutig, dass die Auswirkungen der Klimakrise in den nächsten Jahren massiv zunehmen werden", sagte etwa der Klimaforscher Daniel Huppmann vom Internationalen Institut für Systemanalyse im ORF-Radio. Der Kanzler habe den Ernst der Lage offenbar nicht verstanden.

Die Rede zeige, "dass das Thema Klimaschutz der Volkspartei nicht wichtig ist", sagt Huppmann. Die Vorschläge des Kanzlers gingen sich "rein mit den Naturgesetzen nicht aus", sagt der Klimaökonom Karl Steininger vom Wegener Institut: "Ich bin überrascht über die nicht vorhandenen Lösungsansätze".

Dabei wären solche im türkis-grünen Regierungsprogramm, das "die besorgniserregende Veränderung" des Klimas "eine der größten Herausforderungen unserer Generation" nennt, durchaus vorhanden. Neben der Klimaneutralität bis 2040 haben sich ÖVP und Grüne etwa die Einrichtung eines Klimaschutzgesetzes "mit klaren Treibhausgasreduktionspfaden, Zuständigkeiten, Zeitplänen und entsprechenden Ressourcen" vorgenommen.

Die Verhandlungen dazu stocken seit Monaten. Aus Sicht der Grünen drängt die Zeit, wie Klimasprecher Lukas Hammer veranschaulichte:

Seitens der ÖVP reagierte am Samstagnachmittag Europaministerin Edtstadler auf Gewesslers Aussagen: "Der Klimawandel stellt Europa und die ganze Welt vor größte Herausforderungen. Deshalb investieren wir klug in Forschung und gezielt in Innovation", sagte sie in einem schriftlichen Statement.

"Wichtig ist dabei Offenheit gegenüber allen Technologien, damit im Wettlauf der besten Ideen die beste Lösung entsteht. Reflexartige Verbote durch die Politik verhindern oft die beste Lösung. Dem Bundeskanzler Ideologiegetriebenheit vorzuwerfen und selbst die Augen vor neuen Technologien zu verschließen, ist nicht zielführend."