Er stehe nicht für "koste es, was es wolle", sondern dafür, "das Notwendigste zur Verfügung zu stellen", hatte Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) in seiner Rede zum Budget für das Jahr 2023 gesagt. Dennoch macht der Staat auch nächstes Jahr planmäßig 17 Milliarden Euro neue Schulden.

Im heutigen Budgetausschuss im Parlament wurde das von den meisten geladenen Wirtschaftsexpertinnen und -experten grundsätzlich begrüßt. Dass in wirtschaftlichen Krisen die Staatsausageben steigen, sei "einfach eine Notwendigkeit in einem Sozialstaat, das ist auch politisch, ökonomisch und gesellschaftlich sinnvoll", sagte etwa Christoph Badelt.

Reformen zur Gegenfinanzierung gefordert

In seiner Rolle als Präsident des Fiskalrats müsse er aber auch auf die Notwendigkeit hinweisen, "das Budget wieder zu konsolidieren", so Badelt. Denn während etwa die hohe Inflation jetzt helfe, mehr Geld in die Staatskassen zu spülen, würde sie später das Einsparen von Ausgaben wieder erschweren. Badelt warnt auch vor einer sich "öffnenden Schere" durch die automatische Anpassung von Sozialausgaben und der Abschaffung der Kalten Progression. Er forderte daher das Parlament auf, jetzt Gegenfinanzierungen zu finden - etwa durch Strukturreformen, "die müssen jetzt einmal angegangen werden".

Monika Köppl-Turyna, Direktorin des Wirtschaftsforschungsinstituts EcoAustria, forderte etwa konkret mehr Einnahmen-Autonomie der Länder, eine Reform der Grundsteuer auf Gemeindeebene und einen Ausbau der Digitalisierung, da es in der Verwaltung oft an Datensätzen oder deren Verknüpfungen fehlt. Wifo-Expertin Margit Schratzenstaller ortete vor allem Defizite in wichtigen Zukunftsbereichen wie Schulen, Betreuungseinrichtungen und - gerade in Zeiten von Krieg, Krise und Corona - Unterstützung in krisenhaften Lebensbereichen für junge Menschen. Im Kampf gegen den Klimawandel forderte sie weitere Schritte zu mehr Nachhaltigkeit im Steuersystem - auch das sei eine Frage der Generationengerechtigkeit.

Verfehlte Klimaziele

Auch Markus Marterbauer, Abteilungsleiter Wirtschaftswissenschaft und Statistik der Arbeiterkammer (AK) Wien, vermisst im Budget 2023 Klimapolitik. Zwar würde Österreichs Treibhausgasausstoß erstmals sinken, "aber deutlich zu wenig, um die gesetzten Ziele zu erreichen". Statt der aktuell zwei Prozent müssten sich die Emissionen jedes Jahr um sechs Prozent reduzieren: "Das heißt, wir bräuchten deutlich stärkere Anstrengungen, deutlich stärkere Regulierungen, deutlich mehr Investitionen in Energieeffizienz, in erneuerbare Energiequellen", denn, so Marterbauer: "Wir sind nicht am Pfad. Österreich wird die Ziele nicht erreichen. Es wird große Milliardenbelastungen für das Budget bedeuten. Aber noch viel mehr für Gesellschaft und Umwelt."

Der AK-Ökonom forderte auch einmal mehr Vermögenssteuern: "In einer Gesellschaft, in der es Milliardäre gibt, darf es keine manifeste Armut geben", argumentierte er. Die Regierung habe sich die Halbierung der Armut vorgenommen, die Teuerungskrise drohe nun aber die soziale Ungleichheit "massiv zu erhöhen". Auch er sieht hier die Einmalzahlungen der Regierung positiv, um manifeste Armut in Österreich aber komplett zurückzudrängen brauche es zwei bis drei Milliarden Euro mehr.

Hilfen als Brandbeschleuniger

Während Finanzminister Blümel die Hilfen noch mit den Worten "lieber ein paar Feuerlöscher zu viel als ein Flächenbrand" verteidigte, warnte Martin Gundinger (Friedrich August v. Hayek Institut), dass die Regierung mit jedem Euro an Hilfeleistungen "die Inflation noch zusätzlich befeuern" würde. Geholfen werden sollte aus seiner Sicht nur jenen Menschen, deren Existenz akut bedroht ist. Denn finanzielle Hilfen könnten zwar kurzfristig Schmerzen lindern, mittelfristig bräuchte man aber immer größere Dosen, die langfristig schwere Schäden anrichten würden: "Es kann gut sein, dass am Ende dieses Weges der Kollaps der österreichischen Wirtschaft steht, begraben unter einer Geldlawine."

Besonders kritisch sieht Gundinger finanzielle Hilfen für Unternehmen, "weil diese das Risiko mit sich bringen, dass man auf Kosten der Steuerzahler Strukturen am Leben hält, die eigentlich nicht mehr lebensfähig sind". Stattdessen sollte man nicht wirtschaftliche Betriebe in Insolvenz gehen lassen, da die so freigewordenen Ressourcen woanders besser eingesetzt werden könnten, so Gundinger. Das vorgelegte Budget sei "eine Kampfansage an Österreichs Wohlstand, Mittelstand und künftige Generationen", so der Ökonom, der dem Parlament dringend riet, die Ausgaben zu überdenken.