Insgesamt72 konkrete Forderungen zu Themengebieten wie Korruptionsbekämpfung, Rechtsstaatlichkeit und Pressefreiheit haben die Initiatoren des Antikorruptions-Volksbegehrens formuliert und fanden schnelle Zustimmung in der ÖVP von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) abwärts. Im Detail fällt diese Unterstützung jedoch mager aus, wie das Ergebnis eines Fragebogens an die Parlamentsparteien zeigt. Demnach weist die ÖVP die geringste Zustimmung auf.

An der Spitze liegt die SPÖ mit einer Zustimmung von 97 Prozent, dahinter die Neos und die Grünen unterstützen die Forderungen zu 94 bzw. 89 Prozent, die FPÖ kommt auf immerhin 71 Prozent. Die ÖVP hat dagegen zwar keine Forderung strikt abgelehnt, dafür zu den meisten Punkten äußerst vage geantwortet. Die Parteien konnten im Fragebogen jeder einzelnen Forderung zustimmen, mit Vorbehalt zustimmen oder sie ablehnen und bekamen dafür einen, einen halben oder keinen Punkt. Daraus errechneten die Initiatoren die Zustimmung.

Einige Bereiche mit breiter Zustimmung

"Wir wollten uns nicht mit Floskeln begnügen und haben an alle Parteien einen Fragebogen geschickt", sagte Verfassungsjurist und Mit-Initiator Heinz Mayer, als er am Dienstag die Ergebnisse präsentierte. Manche Punkte seien aber mit Vorsicht zu genießen, weil manche Fragen anders verstanden wurden, als sie gedacht waren und in manchen Punkten Parteien mehr gefordert haben, als das Volksbegehren fordert. Überrascht war Mayer weniger von den einzelnen Antworten der ÖVP, eher vom "Gesamtkunstwerk", wie er es formulierte: "Ich hätte mir schon erwartet, dass die ÖVP ernst nimmt, was sie sagt", so Mayer.

In einem Begleitschreiben, das die ÖVP mit dem Fragebogen mitgeschickt hat, bekennt sich die Kanzlerpartei zum freien Mandat und begründet damit die vage Zustimmung zu den Forderungen des Volksbegehrens. "Wenn dem so sein sollte", interpretierte Mayer, "dann hätten wir einen sehr großen Bereich, in dem es sofort Lösungen geben könnte" und erwartet im Herbst eine Reihe an Initiativanträgen vor allem der Oppositionsparteien. Etwa beim unabhängigen Bundesstaatsanwalt, bei vorsätzlichen Verstößen im Bereich der Parteienfinanzierung oder bei einem gesetzlichen Limit bei der Größe von Ministerkabinetten sind sich die Parteien weitgehend einig.

Große Hoffnung in der Bevölkerung

Neben den Parteien hat das Gallup-Institut im Auftrag der Initiatoren auch die Meinung der Bevölkerung zum Volksbegehren abgefragt. Demnach haben 44 Prozent der Bevölkerung schon vom Volksbegehren gehört. Am bekanntesten sei die Initiative unter den Über-50-Jährigen, sagte Gallup-Chefin Andrea Fronaschütz: "Das Volksbegehren war im Fernsehen und in Zeitungen am meisten vertreten, diese Medien werden hauptsächlich von dieser Altergruppe konsumiert", sagte Fronaschütz.

Die Bevölkerung legt aber große Hoffnung in das Volksbegehren. Fast die Hälfte der Befragten ist der Meinung, dass es "zur Bekämpfung von Korruption und Verbesserung der politischen Kultur in Österreich etwas beitragen kann" und gut jeder Fünfte möchte das Volksbegehren auf jeden Fall unterschreiben. Fronaschütz' Schluss daraus: "Es gibt einen generellen Konsens, dass die Anliegen derart grundlegend sind, dass man sich nicht dagegen aussprechen kann."

Verfassungsjurist Mayer sieht aber noch viel Aufholbedarf, vor allem bei den Jüngeren und "westlich des Semmerings", wie er sagte. Der Gallup-Umfrage zufolge gibt es aber noch eine weitere Bevölkerungsgruppe, die von der Initiative überzeugt werden muss. Jeder der fünf Themenbereiche findet unter ÖVP-Sympathisanten am wenigsten Zustimmung.