Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) forderte am Freitag sowohl das Innen- als auch das Justizministerium schriftlich auf, das im April beschlagnahmte Ibiza-Video an den Untersuchungsausschuss zu übermitteln. Das Innenministerium sieht diesbezüglich die Justiz in der Pflicht. Eine Sprecherin von Innenminister Karl Nehammer verwies auf die Verfahrensordnung, laut der das Justizministerium die Unterlagen der Strafverfolgungsbehörden dem Ausschuss vorlegen muss: "Wenn sie von uns wollen, dass wir es weitergeben, machen wir es sofort."

Justizministerin Alma Zadic will daher am Dienstag mit Innenminister Nehammer sprechen. "Es ist mir ein Anliegen, dass dem Untersuchungsausschuss so schnell wie möglich alle relevanten Unterlagen zur Verfügung gestellt werden", so die Ministerin. Sie verweist allerdings darauf, dass das Bundeskriminalamt das Video bisher nicht an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet hat und die Justiz daher noch nicht im Besitz der Aufnahmen ist.

Zu klären ist, ob Persönlichkeitsrechte in Gefahr sind

Das Justizministerium hat die Kollegen im Innenressort bereits am 29. Jänner per Erlass aufgefordert, alle für den Untersuchungsausschuss relevanten Unterlagen den zuständigen Staatsanwaltschaften zu übermitteln. Weil dies im Fall des Ibiza-Videos noch nicht geschehen ist, drängt die Ministerin das Bundeskriminalamt nun, dies nachzuholen. Dabei müsste das Innenministerium laut Zadic auch prüfen, ob mit der Übermittlung Persönlichkeitsrechte verletzt werden.

Alternativ könnte das Bundeskriminalamt das Video auch in Form eines regulären Ermittlungsberichts an die Staatsanwaltschaft schicken. In diesem Fall müsste die Justiz dann die Frage der Persönlichkeitsrechte bewerten - gemeinsam mit der Frage, ob die Übermittlung des Videos an das Parlament möglicherweise die Ermittlungen gefährden könnte.

Wer muss das Video weiterleiten?

Indessen rückte der ÖVP-Fraktionschef im Ausschuss, Wolfgang Gerstl, am Montag aus, um die schon länger im Visier der ÖVP stehende Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) zu attackieren. Gerstl behauptete, dass Revierkämpfe zwischen WKStA und Staatsanwaltschaft Wien die Lieferung des Videos ans Parlament verzögert hätten. Inhaltlich erläutert hat Gerstl seinen Vorwurf allerdings nicht.

Zadic nahm die Staatsanwaltschaft diesbezüglich in Schutz: "Ich verstehe nicht, warum die WKStA dafür zuständig sein soll, das Video dem Untersuchungsausschuss vorzulegen. Zuständig ist die Oberstaatsanwaltschaft und das Video ist weder bei der Staatsanwaltschaft Wien noch bei der WKStA."

Die Verfahrensrichterin im Ausschuss, Ilse Huber, rechnet jedenfalls mit einer raschen Übermittlung des Videos an die Abgeordneten, wie sie am Montag im ORF-Radio sagte. Sobotka setze sich für die rasche Lieferung ein. "Dann wird es noch hier aufbereitet und dann müsste die Einsicht möglich sein", sagte Huber.