Sollte die SPÖ den Kanzler am Montag über die Klinge springen lassen?

HANNES ANDROSCH: Das ist die aktuelle Frage, diese ist aber von einer blinden Kurzsichtigkeit. Kurz hat die frühere Regierung sabotiert, um sich an die Spitze zu katapultieren mit dem Ziel einer orbanistisch-autokratischen Alleinherrschaft. Dem Ziel hat er die Stabilität des Landes geopfert. Ibiza war ein Betriebsunfall. Wir müssen uns mit der Zukunft beschäftigen.

Ist nicht die Stabilität des Landes gefährdet, wenn man den amtierenden Kanzler in die Wüste schickt?

Sie ist weder gefährdet noch ist sie gerettet. Der Montag ist eine Episode am Wegrand.

Warum am Montag die Reißleine ziehen, wenn es ohnehin Neuwahlen im Herbst gibt?

Das ist die Meinung des Bundespräsidenten, und diese hat sicher Gewicht.

Wenn Kurz gestürzt wird, fährt er im Herbst als Märtyrer ein noch fulminanteres Wahlergebnis ein.

Das ist eine ernsthafte Überlegung. Das macht die taktische Frage für den Montag nicht leichter.

Eine nächste Regierung braucht eine Mehrheit. An Kurz vorbei wird es schwierig sein, es sei denn, man hält sich Rot-Blau als Option offen.

Bei der Aufstellung der FPÖ ist es schwierig, wenn nicht sogar unmöglich. Es sind ohnehin die Wähler, die die Entscheidung fällen. Ich räume aber auch ein, die Opposition könnte besser aufgestellt sein, was Zukunftsfragen anbelangt.

Auch die SPÖ?

Auch die SPÖ.

Stünden Sie als Übergangskanzler zur Verfügung?

Nein, aus Alters- und gesundheitlichen Gründen. Man könnte auf einen ehemaligen Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs zurückgreifen. Das ist das geringste Problem.

Kurz will bis zu den Neuwahlen das Land nur verwalten, nicht regieren. Das kann doch nicht in Ihrem Interesse sein?

Seine Versprechungen hat er nicht eingehalten. Es wurde von Veränderung geredet, bestenfalls im Rückschritt. Ich denke an das Rauchverbot, die Bildungspolitik.