Die Regierung wird heute, Mittwoch, ihren fertigen Entwurf für die Reform der Mindestsicherung beschließen und in den Nationalrat schicken. Angepasst hat sie nur wenige der – viel kritisierten –Bestimmungen: So wird die 18-Prozent-Erhöhung der Sozialhilfe, wie sie ab 2020 wieder heißen soll, für Behinderte von einer Kann- zu einer Muss-Bestimmung – die Länder können nicht mehr entscheiden, ob sie diese Erhöhung zugestehen wollen.

Außerdem sollen nicht nur Lehrlinge, sondern auch andere Auszubildende von der Pflicht ausgenommen werden, sich vom AMS einen Job vermitteln zu lassen.

Präzisierungen

Ansonsten hat die Koalition einige Präzisierungen des Gesetzestextes vorgenommen, der mit 142 Stellungnahmen während der parlamentarischen Begutachtung ein hohes Maß an Kritik bekommen hatte. So sollen verurteilte Straftäter nur während ihrer unbedingten Zeit im Gefängnis keine Sozialhilfe beziehen, nicht während der ganzen Strafe. Dass der ursprüngliche Gesetzestext so verstanden werden konnte, sei aber „ein Missverständnis“ gewesen, keine Absicht von ÖVP und FPÖ, heißt es aus der Regierung, die Journalisten am Dienstagabend Eckpunkte der Überarbeitungen – aber noch nicht den neuen Gesetzestext – präsentiert hatte.

Aus der Deckelung der Sozialhilfe in Wohngemeinschaften sollen Behinderte nun ebenfalls ausgenommen werden. Und dass Länder, die über die Mindestsicherung hinaus Sozialleistungen anbieten – etwa besondere Konditionen bei der Pflege für arme Menschen –, diese weiter gewähren dürfen, soll in dem Gesetz noch einmal explizit dargestellt werden.

Unveränderte Eckpunkte

Die Eckpunkte der Reform, die aus der von Land zu Land unterschiedlichen Mindestsicherung ein einheitlicheres System machen soll, gehen aber nun unverändert in den Nationalrat: Wie bisher soll ein Erwachsener maximal den Richtsatz der Netto-Ausgleichszulage für Pensionisten bekommen, das waren zuletzt rund 863 Euro. Für weitere Personen in der Lebensgemeinschaft gibt es Zulagen, wobei für jedes weitere Kind weniger Geld dazukommt – vor allem Großfamilien werden unter der neuen Regelung weniger bekommen als bisher. Neue Aufschläge gibt es für Alleinerzieher und Behinderte.

All das ist der Rahmen, den die Koalition im Bund vorgeben will. Weil im „Armenwesen“ der Verfassung nach aber auch Mitbestimmung der Länder vorgesehen ist, müssen diese innerhalb des Maximums Ausführungsgesetze erlassen.

Wien gibt sich verärgert

Geht die neue Sozialhilfe wie geplant bis Juni durch den Nationalrat, müssen die Länder binnen sechs Monaten ihre Gesetze folgen lassen – dem Plan der Regierung nach soll die Reform dann mit Anfang 2020 in Kraft treten. Setzt ein Land diese nicht um – wie es Wien angedroht hat, wo die SPÖ der Reform kritisch gegenübersteht –, kann der Nationalrat selbst ein Gesetz für dort beschließen.

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) zeigt sich jedenfalls über die Vorgehensweise der Regierung verärgert: Er habe nur aus den Medien erfahren, dass es heute eine Regierungsvorlage geben wird: „Ich kenne diesen Entwurf nicht.“ Aus der Regierung heißt es, man habe „Kontakt“ mit den Ländern gehalten.