Die Hausdurchsuchungen beim BVT haben offensichtlich entgegen den offiziellen Darstellungen des Innenministeriums sehr wohl zu einem Imageschaden geführt: Wie am Mittwoch im parlamentarischen U-Ausschuss bekannt wurde, wurde der Verfassungsschutz beinahe aus der "Berner Gruppe", die dem Austausch zwischen europäischen Nachrichtendiensten dient, suspendiert.

Dass die mittlerweile großteils als rechtswidrig bewerteten Hausdurchsuchungen beim Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) Ende Februar zu einem Vertrauensverlust bei ausländischen Partnerdiensten geführt haben, wurde vom Innenministerium unter Herbert Kickl (FPÖ) stets in Abrede gestellt.

Ein von Peter Pilz im U-Ausschuss vorgelegtes Antwortschreiben der Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft an BVT-Direktor Peter Gridling von Ende Juni lässt aber einen anderen Schluss zu. Darin wird auf Aussagen der BVT-Rechtsexpertin Michaela K. Bezug genommen, "dass eine Suspendierung des BVT in der Berner Gruppe im Raum stehe". Dabei handelt es sich um einen Klub der Chefs europäischer und anderer wichtiger Geheimdienste, der dem Austausch und gemeinsamen strategischen Überlegungen dient. Um einer Suspendierung entgegentreten zu können, benötige das BVT eine "Schadensanalyse, welche den Partnerdiensten präsentiert werden könne".

Ein Dokument "Top Secret"

Die Staatsanwaltschaft gab in dem Schreiben an, dass sie noch ein als "SECRET" eingestuftes Dokument habe, "welches dem BVT vom BfV (dem deutschen Bundesamt für Verfassungsschutz, Anm.) zur Verfügung gestellt" worden sei. Dieses Dokument sei "vom Beschuldigten entgegen den internen Vorschriften des BVT in seinem Büro aufbewahrt" worden. Laut Pilz handelt es sich dabei um Bernhard P., den mittlerweile entlassenen BVT-Referatsleiter Nachrichtendienst, der am Nachmittag im U-Ausschuss aussagte. Ob sich unter den beschlagnahmten elektronischen Dokumenten welche von ausländischen Nachrichtendiensten befinden, könne aktuell nicht sicher gesagt werden, weil offenbar "in mehreren Fällen die internen Vorschriften des BVT betreffend die Speicherung, Verschlüsselung, Aufbewahrung und die Verarbeitung von klassifizierten Dokumenten von den Mitarbeitern nicht eingehalten wurden".

"Ich glaube dem Innenminister kein Wort mehr", resümierte SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer. Auch NEOS-Mandatarin Stephanie Krisper ist verärgert: "Die Bevölkerung wird an der Nase herumgeführt." FPÖ-Fraktionsführer Hans Jörg Jenewein sah die Sache ein bisschen anders: Ohne Details zu nennen, behauptete er, es habe diesbezüglich schon vor der Hausdurchsuchung Probleme gegeben. Aber selbst für den Koalitionspartner ÖVP ist nicht alles im Lot: Fraktionsführer Werner Amon meinte, dass die Hausdurchsuchungen und die öffentliche Diskussion ums BVT "nicht gerade das ist, was man insgesamt eine vertrauensbildende Maßnahme nennt."

Die BVT-Rechtsexpertin K. selbst sagte im Ausschuss, sie habe die zuständige Staatsanwältin Ursula Schmudermayer schon bei der Razzia auf die Sensibilität der Arbeit des BVT hingewiesen und sie gebeten, beschlagnahmte Unterlagen zu versiegeln. Dies wurde aber abgelehnt.

Kein schmeichelhaftes Bild

Überhaupt wurde wie bereits am ersten Befragungstag auch am Mittwoch von den Zeugen ein wenig schmeichelhaftes Bild von den Hausdurchsuchungen gezeichnet. Robert B., ein Mitarbeiter der EDV-Abteilung, schilderte die Razzia als schlecht vorbereitet. Man habe "wahllos Datenträger sichergestellt", auch solche, die selbst für Laien als unbrauchbar erkennbar gewesen seien. Und: "Sie hatten keine Behältnisse mit, um Datenträger mitzunehmen. Es wurden von uns Kartons und Plastiksackerl ausgeborgt."

Auch die angeblich mögliche "Fernlöschung" von Daten - das Hauptargument von Justiz und Polizei für die Razzia - dementierte der Techniker. Jeglicher Zugriff auf das Dokumentensystem im BVT werde protokolliert. "Der Schwachsinn mit dieser Fernlöschung, der herumgeistert, ist ein Schwachsinn - und das sollte einmal gesagt werden."

BVT-Ausschuss: Rauswurf aus "Berner Gruppe" stand im Raum

Mehrere BVT-Mitarbeiter hatten eine harsche Vorgangsweise durch den FPÖ-nahen Einsatzleiter Wolfgang Preiszler beschrieben, auch von Gewaltandrohung war die Rede. Nach einer Sachverhaltsdarstellung prüft derzeit laut "Standard" die Staatsanwaltschaft Korneuburg, ob es zu einem Nötigungsverfahren gegen Preiszler kommt.

Für Aufregung am Rande sorgte im U-Ausschuss am Mittwoch außerdem die dreiste Vorgangsweise von Kickls Kabinett: Weil die Sitzungen nicht öffentlich zugänglich sind, setzte sich eine Fachreferentin des Ministers mit einem Presseausweis als "Journalistin" in den Medienraum, in den die Zeugenbefragungen live übertragen werden. Ausschuss-Vorsitzende Doris Bures (SPÖ) lässt nun die Zugangsregeln prüfen.

BVT-U-Ausschuss befragt weitere BVT-Mitarbeiter

Erster Tag brachte Erhellendes

Der BVT-Untersuchungsausschuss hatte am Dienstag mit den Zeugenbefragungen zur Affäre ums Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung begonnen. Im Mittelpunkt standen die umstrittenen Hausdurchsuchungen. Ein BVT-Mitarbeiter sprach von Druck und Gewaltdrohungen, das BVT sei zeitweise ungesichert gewesen. Ein IT-Spezialist berichtete wiederum von der Durchsuchung seiner Privatadresse. Die Anordnung zur Durchsuchung sei nicht unterschrieben gewesen, was mit Gefahr in Verzug begründet wurde.