Migration ist politisch ein heißes Eisen, die Hilfe für Geflüchtete aus der Ukraine ist vergleichsweise aber unumstritten – auch in der Bevölkerung. Fast vier Jahre nach Kriegsbeginn bewertet die Mehrheit das Zusammenleben mit Ukrainerinnen und Ukrainern laut Integrationsbarometer positiv. Trotzdem droht Neuankommenden ab Jänner Obdachlosigkeit – zumindest in den ersten Tagen in Österreich.

In Wien wird mit Jahreswechsel das letzte große Ankunftszentrum für Ukrainer schließen. Übrig bleibt österreichweit nur ein kleines Zentrum in Linz. Rein formal müssen sich Ukrainer, sobald sie Österreich erreichen, bei der Polizei melden und dann bei der zuständigen Sozialeinrichtung in ihrem Bundesland einen Antrag auf Grundversorgung stellen, sofern Bedarf nach finanzieller Unterstützung besteht. Dabei handelt es sich um jene Leistung, die auch Asylwerber während ihres Verfahrens erhalten, je nach Bundesland und Art der Unterbringung sind es einige Hundert Euro im Monat.

Bisher wurden die Ankunftszentren vom Bund finanziert und von den Ländern organisiert. Mittlerweile hat sich dort aber die Meinung durchgesetzt, der Bund wäre grundsätzlich für die Unterbringung zu Beginn zuständig. Immerhin habe dieser zu Beginn des Krieges ein Zentrum in der Wiener Messe betrieben. Im Innenministerium will man davon nichts wissen. Die Zuständigkeiten seien klar geregelt. Wenn künftig Ukrainer in den ersten Tagen nach ihrer Ankunft auf der Straße stehen, sofern sie nicht bei Bekannten unterkommen können, sei das von den Bundesländern „offensichtlich so gewollt“, sagt Innenminister Gerhard Karner (ÖVP). Man könne die Länder jedoch nicht zwingen, Quartiere zu organisieren.

Sonderstatus sorgt für Unsicherheiten

Die Unterbringung von Asylsuchenden ist dagegen Aufgabe des Bundes, solange geprüft wird, ob Österreich für das Asylverfahren zuständig ist. Danach wandert die Zuständigkeit in den Bereich der Länder. Doch Ukrainer sind formal keine Flüchtlinge, in Österreich – sowie EU-weit – genießen sie einen Sonderstatus als Vertriebene. Eine EU-Richtlinie gewährt ihnen eine zeitlich begrenzte Aufenthaltsberechtigung sowie Zugang zum Arbeitsmarkt. Wer nach Österreich kommt, muss also keinen Asylantrag stellen, kein Verfahren abwarten.

Immer wieder sorgt dieser spezielle Status allerdings auch für Unsicherheiten. Seit Mai ist etwa ein Teil der Vertriebenen nicht mehr pflichtversichert, nämlich all jene, die in Österreich weder erwerbstätig sind, noch Grundversorgung beziehen. Diese Gruppe muss sich seither um eine Selbstversicherung kümmern.

Ende Oktober lief die bestehende Regelung aus, wonach Menschen aus der Ukraine Anspruch auf Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld hatten. Eine Nachfolgeregelung wurde wenige Tage vor Ende der Frist im Nationalrat beschlossen. Innerhalb der Koalition einigte man sich auf etwas strengere Bedingungen: Leistungen kann künftig nur beziehen, wer berufstätig ist oder dem AMS zur Verfügung steht.

Nach wie vor neue Ukraine-Flüchtlinge

Für das Thema Ankunftszentren zeichnet sich dagegen keine Lösung in letzter Minute ab. Fix scheint, dass Ukrainer ihren Sonderstatus behalten. Die EU-Richtlinie wurde vorerst bis März 2027 verlängert. Ukrainerinnen und Ukrainer, die längerfristig in Österreich bleiben möchten, haben seit dem Vorjahr außerdem die Möglichkeit, eine Rot-Weiß-Rot-Karte plus zu beantragen, sofern sie hier arbeiten und bestimmte Voraussetzungen erfüllen.

Gleichzeitig kommen nach wie vor neue Flüchtlinge aus der Ukraine in Österreich an. Zwar gebe es Schwankungen, im Durchschnitt seien es im Monat aber mehr als 1000, so das Innenministerium. Zu Jahresbeginn 2025 waren rund 88.000 ukrainische Staatsangehörige gemeldet, aber nicht alle dürften sich tatsächlich im Land aufhalten. Grundversorgung erhalten aktuell rund 30.000 Personen, Anfang 2023 waren es noch mehr als 55.000.