„Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben“, lautete die Antwort von Beate Meinl-Reisinger (46) im November auf die Frage, wie schwierig die Verhandlungen für eine Dreierkoalition werden. So pragmatisch kennt man die Juristin, die die Geschicke der Neos seit bald sieben Jahren leitet. Die gebürtige Wienerin scheut sich nicht vor direkten Ansagen, auch, wenn diese unbequem sind. So ließ sie als einzige Kandidatin im Wahlkampf keinen Zweifel daran, dass die Politik sparen und auch heilige Kühe wie das kränkelnde Pensionssystem angreifen muss.

Die Einladung zu Verhandlungen für Türkis-Rot-Pink nahm die Politikerin mit Vorbehalt an, man wolle nicht um jeden Preis regieren, sondern Reformen durchbringen. Nachdem das nicht gelungen ist, steht sie zu ihrem Wort und vom Verhandlungstisch auf. Ob das alle in ihren eigenen Reihen für den richtigen Schritt halten, wird sich zeigen. Denn obwohl die Neos eine Einigung als einzige Partei ihren Mitgliedern vorlegen hätten müssen, ist Meinl-Reisinger bekannt dafür, wenig auf Zurufe zu hören. Aus ihrem Willen zum Mitregieren machte sie kein Geheimnis. Es gehe aber darum, „dem Volk zu dienen“ und nicht dem eigenen Machterhalt. Freilich hätte die erste Koalitionsbeteiligung im Bund die pinke Macht ausbauen können, der Preis war der Chefin jedoch zu hoch.

Belastbar und pragmatisch

Mit der ÖVP hätte Meinl-Reisinger wohl eher zusammengefunden, schließlich begann die heute dreifache Mutter dort ihre politische Karriere. Bei den Neos machte sie sich bald einen Namen, ermöglichte den Einzug in den Wiener Landtag und übernahm 2018 das Ruder der Bundespartei, nachdem sich Gründer Matthias Strolz fluchtartig zurückgezogen hatte. Intern gilt sie als belastbar und pragmatisch. Letzteres stellte sie auch bei ihrem öffentlichen Umschwenken in der Migrationsfrage unter Beweis. An ihrer Entscheidung, die Verhandlungen abzubrechen, wird sich hingegen nichts ändern.