Ende Mai 2023 ist Ex-Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP) am Wiener Landesgericht wegen Bestimmung zu wettbewerbsbeschränkenden Absprachen zu 15 Monaten bedingter Haft verurteilt worden. Vom schweren Betrug im Zusammenhang mit dem Weiterbezug ihres Ministergehalts wurde sie freigesprochen. Ob es dabei bleibt, steht in vier Wochen fest. Am 6. März behandelt der Oberste Gerichtshof (OGH) die Rechtsmittel, die gegen die erstinstanzlichen Entscheidungen eingebracht wurden.

Wie OGH-Sprecher Frederick Lendl Montagmittag der APA mitteilte, wird in einer öffentlichen Verhandlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten und der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) entschieden. Dafür wurde angesichts des zu erwartenden Medieninteresses der Große Saal im Justizpalast reserviert.

Studien für das Sportministerium im Fokus

Der erstinstanzliche Schuldspruch für die ehemalige ÖVP-Ministerin, gegen die nach wie vor seitens der WKStA auch im Zusammenhang mit der ÖVP-Inseratenaffäre ermittelt wird, hatte sich auf drei Studien für das Sportministerium bezogen. Für diese hatte Karmasin den Zuschlag erhalten, indem sie zwei Mitbewerberinnen – darunter ihre frühere Mitarbeiterin Sabine Beinschab – dazu brachte, „von ihr inhaltlich vorgegebene und mit ihr vorab inhaltlich abgesprochene Angebote an die Auftraggeber zu übermitteln, um sicherzustellen, dass die ihr zuzurechnende Karmasin Research & Identity GmbH die Aufträge bekommen würde“, wie es in der Anklageschrift hieß. Beinschab und die zweite Konkurrentin legten zwischen April 2019 und Juni 2021 Angebote, die Karmasin dann jeweils unterbot. Das war nach Ansicht des Erstgerichts „jedenfalls rechtswidrig“ und habe „gezielt den Wettbewerb eingeschränkt“.

Keine Strafe für Betrug wegen „tätiger Reue“

Ein mitangeklagter Abteilungsleiter im Sportministerium wurde von den wider ihn erhobenen Vorwürfen im Zweifel freigesprochen. Es gebe kein Motiv, weshalb der Beamte Karmasin vorsätzlich in Schädigungsabsicht unterstützen hätte sollen, vermeinte das Erstgericht. Es sei nicht auszuschließen, dass er aufgrund der damals guten Reputation Karmasins oder aus Obrigkeitshörigkeit in deren Sinn gehandelt habe.

Was den gegen Sophie Karmasin gerichteten Vorwurf des schweren Betrugs betrifft, war für das Erstgericht zwar „zweifellos erwiesen“ und „eindeutig dokumentiert“, dass sich diese nach ihrem Ausscheiden aus dem Ministeramt mit Anfang Dezember 2017 ungeachtet der Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit „mit voller Absicht“ ihre Fortbezüge bis Ende Mai 2018 erschlichen hatte. Die erste Instanz kam aber zum Schluss, dass die Strafbarkeit des Betrugs aufgehoben war, weil der Ex-Ministerin zugebilligt werden musste, den angerichteten Schaden vollständig, rechtzeitig und freiwillig gutgemacht zu haben, bevor die Strafverfolgungsbehörden von Karmasins Verschulden Kenntnis erlangt hatten.

Karmasin zahlte nach ZiB 2-Bericht 62.000 Euro zurück

Dass Karmasin ihre Ministerbezüge weiter bezogen hatte, hatte erstmals die ZiB 2 am 7. März 2022 thematisiert. Zwei Tage später veranlasste Karmasin – sie saß damals in U-Haft – über ihre Rechtsvertreter die Rückzahlung von rund 62.000 Euro. Von der WKStA wurde damals gegen die Ex-Ministerin wegen der Bezügefortzahlung noch nicht ermittelt. Bis zum 10. März sei „aus dem Akt kein Tatverdacht ersichtlich“, begründete das Erstgericht das Vorliegen der sogenannten „tätigen Reue“. Die Rückerstattung des zu Unrecht bezogenen Geldes sei daher „noch rechtzeitig“ und in ausreichender Höhe in die Wege geleitet worden.

Gegen den Freispruch vom Betrug legte die WKStA eine Nichtigkeitsbeschwerde ein. Gegen die zur Bewährung ausgesetzte 15-monatige Haftstrafe für die Bestimmung zu wettbewerbsbeschränkenden Absprachen meldete sie Strafberufung an.