Ab Sommer dürften die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister im Land ein deutlich umfassenderes Mitspracherecht genießen, was das erlaubte Tempo auf den Straßen ihrer Städte und Gemeinden betrifft. Die Regierung hat sich auf eine Novelle der Straßenverkehrsordnung geeinigt, wonach die Ortschefs künftig deutlich leichter Tempo-30-Gebiete vor Schutzzonen wie Krankenhäusern, Schulen, Kindergärten oder Altenpflegeheimen einrichten können. Das hatten im Vorfeld 283 Gemeinden und Städte gemeinsam mit dem Verkehrsclub Österreich (VCÖ) und dem Städtebund gefordert.
Im Vorjahr kamen 49 Fußgängerinnen und Fußgänger im Straßenverkehr ums Leben. Drei Viertel dieser Unfälle ereigneten sich im Ortsgebiet, wie eine Analyse des VCÖ zeigt. Umwelt- und Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) sprach im Anschluss an den Ministerrat deshalb von einem wichtigen Schritt, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Zu viel Verkehr sei „laut, dreckig und gefährlich“, und Tempo 50 im Ortsgebiet stelle vielfach eine Gefahr für junge und alte Fußgänger und Radfahrer dar – alle 20 Minuten werde ein Mensch bei einem Umfall im Ortsgebiet verletzt.
Die Entscheidung für 30er-Zonen, die das Unfallrisiko verringern sollen, überlasse man den Orts- und Gemeindechefs, da diese laut Gewessler am besten wissen, wo „die sensiblen Bereiche sind“. Diese konnten bereits jetzt das Tempo reduzieren, dafür ist jedoch ein entsprechender Nachweis oder ein Gutachten erforderlich. Diese Bürokratie entfalle nun, es reiche künftig aus, dass eine Stelle „geeignet“ sei für eine Temporeduktion.
Bürgermeister können Radarboxen aufstellen
Auch Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) verspricht sich von diesem Schritt ein Mehr an Verkehrssicherheit und zeigte sich, „als Innenminister und ehemaliger Bürgermeister“ erfreut. Die Ortschefs würden die Verantwortung gerne wahrnehmen, da sie über die Verkehrssituation bestens Bescheid wissen. Die Bürgermeister sollen künftig auch Geschwindigkeitsmessungen durchführen können, indem sie selbst Radarboxen in sensiblen Bereichen aufstellen. „Das wird eine Entlastung für die Exekutive bringen“, erklärt Karner. Auch Schulstraßen, die ähnlich verkehrsberuhigt wie Begegnungszonen sind, werde man künftig im jeweiligen Rathaus einrichten können. Es gehe nicht darum, Autofahrer zu schikanieren, beeilte sich Karner zu beteuern. Man wolle bewusst für mehr Sicherheit sorgen. Man werde die Zonen einsetzen, „wo es die Situation erfordert, aber nicht aus Jux und Tollerei“.
Die Gesetzesnovelle ging heute in Begutachtung, laut Gewessler solle die Tempo-30-Vereinfachung im Sommer in Kraft treten. Angesprochen auf aktuelle Neuwahlgerüchte beteuerten Karner und Gewessler, dass man an der Tempo-Einigung sehe, dass die Regierung noch viel vorhabe. Man gehe von einem regulären Wahltermin im September aus.
Gemeindebund begrüßt Änderung
Der Österreichische Gemeindebund zeigt sich erfreut über die vorgestellte Novelle. „Nun bekommen die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister die rechtlichen Rahmenbedingungen, um die Verkehrssicherheit in den Gemeinden und Städten weiter zu erhöhen“, erklärten die Vizepräsidenten des Österreichischen Gemeindebundes Andrea Kaufmann und Erwin Dirnberger.