Die Ärztekammer übt massive Kritik an der Novelle des Apothekengesetzes und warnt vor einer „Qualitätsminderung“ in großem Ausmaß. Die geplante Reform sei genau das Gegenteil der angekündigten Stärkung des wohnortnahen niedergelassenen Bereichs, sagte Kammerpräsident Johannes Steinhart am Montag bei einer Pressekonferenz. Die Erweiterung auf bis zu drei Filialapotheken bezeichnete er als „eine absolute Kriegserklärung und Zerstörung der Hausapotheke“.

„Verärgert“ zeigte sich der Ärztekammer-Präsident darüber, dass die Ärzte nicht in Reform des Apothekengesetzes eingebunden waren. „Das einzige Positive“ an der nun präsentierten Novelle seien die längeren Öffnungszeiten der Apotheken. „Alles andere ist ein echtes Problem“, so Steinhart. Der Standesvertretung der Apotheker warf er vor, sie sei „extrem invasiv und versucht Bereiche an sich zu reißen, die eigentliche der ärztlichen Kompetenz unterliegen“.

Die Bundesregierung hat den Entwurf für die Novelle des Apothekengesetzes Ende Oktober präsentiert, die Begutachtung läuft noch bis 10. November.

Ärztekammer sieht Angriff auf Hausapotheken

Das größte Problem sieht die Ärztekammer in der Erweiterung der möglichen Filialapotheken auf zu drei Abgabestellen. Das sei ganz klarer Angriff auf die Hausapotheken und damit auf die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung, kritisierte Silvester Hutgrabner, Leiter des Referats Hausapotheken und Medikamentenangelegenheiten der Ärztekammer. Es werde noch schwieriger als bisher Ärzte für kleine Gemeinden zu finden, wenn diese dort keine Hausapotheke führen könnten, weil es eine Filialapotheke gibt. Denn es gebe viele Ordinationen im ländlichen Bereich, die nicht profitabel wären, wenn sie nicht zusätzlich eine Hausapotheke hätten, so der Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte und Vize-Präsident der Ärztekammer, Edgar Wutscher.

„Jeder der einen Erste-Hilfe-Kurs macht, ist besser medizinisch ausgebildet“

Auch dass Apotheken künftig Medikationsanalysen durchführen sollen, sieht die Ärztekammer kritisch, und sieht die Apotheker dafür nicht ausreichend ausgebildet. „Jeder der einen Erste-Hilfe-Kurs für den Führerschein macht, ist besser medizinisch ausgebildet“, so Wutscher. Ohne weitere Informationen über die Patienten wie Laborwerte und Krankheiten mache die Medikationsanalyse auch keinen Sinn. Auch die Durchführung einfacher Gesundheitstests habe keinen Mehrwert, wenn im Anschluss keine ärztlichen Maßnahmen eingeleitet werden könnte, so Wutscher. Nicht geklärt sei auch, ob und wie eine Dokumentation über die Befunde stattfinden solle.

Als nächste Schritte will die Ärztekammer nun versuchen, „auf eine Gesprächsebene“ mit Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) zu kommen. Zugleich sollen die Patienten in den Ordinationen informiert werden. Die Ärzte würden sich außerdem überlegen, ob sie angesichts der nach wie vor schwierigen Medikamentenversorgung andere Wege eröffnen könnten, zum Beispiel über das Internet, so Steinhart.