EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat mit dem britischen Premierminister Boris Johnson einen raschen Start der Verhandlungen über die künftigen Beziehungen nach dem Brexit vereinbart. "Wir werden uns Anfang 2020 treffen", schrieb von der Leyen am Dienstag nach einem Telefonat mit Johnson auf Twitter. "Großbritannien wird immer ein Freund, Partner und Verbündeter sein."

Das britische Parlament tritt am heutigen Dienstag zu seiner konstituierenden Sitzung nach der Wahl vergangene Woche zusammen. Als erste Amtshandlung wählen die Abgeordneten einen Parlamentspräsidenten. Der ehemalige Labour-Politiker Lindsay Hoyle gilt für den Posten als gesetzt. Er trat erst im November die Nachfolge des Ex-Konservativen John Bercow an.

Der Speaker of the House of Commons legt seine Parteizugehörigkeit mit dem Amt traditionell nieder und ist zu politischer Neutralität verpflichtet. Bercow wurde immer wieder vorgeworfen, gegen diese Regel zugunsten der Brexit-Gegner im Unterhaus verstoßen zu haben.

Vereidigung

Neben der Wahl des Speakers steht heute und morgen die Vereidigung der 650 Abgeordneten an. Premierminister Boris Johnson begrüßte am Montag bereits die 109 neuen Tory-Abgeordneten bei einem Empfang in London.

Die Konservativen hatten bei der Parlamentswahl vergangene Woche einen überwältigenden Siegerrungen und verfügen nun über einen Vorsprung von 80 Sitzen auf alle anderen Parteien. Viele der hinzugewonnenen Wahlkreise befinden sich in den ehemaligen Bergbau- und Industrieregionen in Mittel- und Nordengland und waren seit Jahrzehnten fest in der Hand der Sozialdemokraten von Labour.

Am Donnerstag wird das Parlament von Königin Elizabeth II. offiziell wiedereröffnet. Die Königin verliest dabei das Regierungsprogramm des Premierministers. Johnson will bereits am Freitag über sein Brexit-Abkommen abstimmen lassen.

Freihandelsabkommen

Großbritanniens Premierminister Boris Johnson pocht auf Abschluss eines Freihandelsabkommens mit der EU bis Ende 2020. Nach seinem deutlichen Wahlsieg erhöht der konservative Politiker damit den Druck auf die EU. Ein harter Brexit ist plötzlich wieder auf dem Tisch, was Anleger an der Börse am Dienstag verunsicherten. Europapolitiker sind skeptisch. Sie halten die Zeit für nicht ausreichend.

EU-Austritt am 31. Jänner

Nach dem EU-Austritt, der für den 31. Jänner geplant ist, beginnt eine zunächst bis Ende 2020 befristete Übergangsphase. Danach ist das Land zwar nicht mehr offiziell in der Europäischen Union, wendet aber deren Regeln an - bis die Details der künftigen Beziehungen geklärt sind. Dabei wird es unter anderem um alle Regulierungen der Wirtschaft gehen, etwa den Umgang mit Finanzdienstleistungen, Zöllen, Staatshilfen für Unternehmen sowie Fischerei-Rechten.

Die Frist Ende 2020 wurde bereits in dem von Johnsons Vorgängerin Theresa May ausverhandelten Austrittsabkommen festgelegt. Weil sich der Brexit nun aber um fast ein Jahr verzögert, gilt das Datum als zunehmend unrealistisch. Zudem sieht das Abkommen die Möglichkeit einer Verlängerung der Übergangsphase bis Ende 2022 vor, wenn die britische Regierung bis spätestens Juli 2021 einen entsprechenden Wunsch äußert.

Dem will Johnson nun einen Riegel vorschieben. Der Regierungschef wolle eine Frist Ende 2020, sagte ein Regierungsvertreter am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters. Eine Verlängerung solle gesetzlich ausgeschlossen werden. Über Johnsons Vorhaben hatten zuerst der Sender ITV und die Zeitungen "The Times" und "Financial Times" übereinstimmend berichtet. "Wir werden sicherstellen, dass wir rechtzeitig diesen Deal hinbekommen", sagte Michael Gove, Johnsons rechte Hand im Kabinett, der BBC.