Als Folge immer neuer russischer Raketenangriffe auf ukrainische Städte hat Präsident Wolodymyr Selenskyj einen weiteren Ausbau der Luftabwehr angekündigt. "Im neuen Jahr wird die ukrainische Luftverteidigung noch stärker, noch effektiver", sagte Selenskyj Freitagabend in seiner täglichen Videoansprache. Dadurch könne die Luftabwehr die stärkste in ganz Europa werden. "Dies wird eine Sicherheitsgarantie nicht nur für unser Land, sondern für den gesamten Kontinent sein."

Die Luftabwehr der ukrainischen Streitkräfte hat in den vergangenen Wochen bei russischen Großangriffen mit Marschflugkörpern, Raketen und sogenannten Kamikaze-Drohnen relativ hohe Abschusszahlen erreicht. Angesichts der Masse der einfliegenden Projektile konnten nicht alle Raketen abgewehrt werden. Die ukrainische Armee, die bereits eine Reihe ausländischer Flugabwehrsysteme nutzt, wartet auf den Einsatz der angekündigten US-amerikanischen Patriot-Batterie. Gegenwärtig werden ukrainische Soldaten an dem System ausgebildet.

Angeblich kleine Geländegewinne im östlichen Donbass

Die russische Armee greift seit Oktober gezielt das ukrainische Energienetz an und sorgt mit massiven Schäden für lange Ausfallzeiten in der Strom- und Wasserversorgung. Ziel ist, die Bevölkerung im Winter unter Druck zu setzen. Selenskyj verwies in diesem Zusammenhang auf eine "klare Strategie" zur Sicherung der Stromerzeugung und zur Verteilung des Stroms quer durch das Land. "Es braucht viel Mühe, aber es wird klappen", sagte er. "Das ist eine der wichtigsten Aufgaben für das nächste Jahr, und ich habe keine Zweifel, dass wir sie meistern werden."

Im östlichen Donbass sollen unterdessen kleinere Geländegewinne erzielt worden sein. "Insgesamt halten wir unsere Stellungen", meinte Selenskyj. "Es gibt auch einige Frontabschnitte, an denen wir etwas vorrücken." In der Region Luhansk eroberte die Ukraine nach eigener Darstellung den kleinen Ort Nowoseliwske. Dieser liegt etwa 20 Kilometer nordwestlich von Swatowe, ein wichtiges Ziel der Ukraine in der Region. Russland habe bei den Kämpfen Soldaten und Kriegsgerät verloren, erklärte die örtliche Verwaltung von Luhansk auf Telegram. "Einige der Besatzer wurden gefangen genommen." Ein Video soll gefangene russische Soldaten zeigen. Die Angaben und die Echtheit der Aufnahmen können von unabhängiger Seite nicht bestätigt werden. Eine russische Stellungnahme liegt nicht vor.

Seit Beginn des Krieges schwere Verluste auf beiden Seiten

Nach Angaben des ukrainischen Verteidigungsministers Olexij Resnikow hat die russische Armee angesichts ihrer Verluste in der Ukraine ihre Schlagkraft auf Jahre hinaus verloren. Nach Resnikows Einschätzung werden die russischen Streitkräfte mindestens fünf Jahre für den Wiederaufbau brauchen. "Nach Erkenntnissen der NATO-Aufklärung haben die Russen gewaltige Verluste an Panzern, Artillerie, Schützenpanzern und Soldaten", wurde Resnikow von der "Ukrajinska Prawda" zitiert.

"Die regulären Streitkräfte der Russischen Föderation könnten frühestens in fünf Jahren wiederhergestellt werden, vielleicht auch erst in zehn Jahren", sagte der Minister. Das gleiche gelte auch für Russlands Raketen-Potenzial. Schließlich sei dies ein Krieg der Ressourcen. "Und sie (die NATO) kann diese Ressourcen berechnen."

Über die eigenen Streitkräfte machte Resnikow keine Angaben. Seit dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine im Februar haben beide Seiten bereits schwere Verluste erlitten. Nach ukrainischer Darstellung hat die russische Armee bereits über 100.000 Gefallene zu beklagen. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.