Ein neues russisches-belarussisches Militärmanöver schürt in der Ukraine die Sorge vor einer russischen Offensive aus dem benachbarten Belarus. Dem belarussischen Verteidigungsministerium zufolge haben die Übungen der Luftwaffe und des Heeres wie angekündigt am Montagmorgen begonnen. Sie seien defensiv und sollen bis zum 1. Februar dauern. Ein Vertreter des belarussischen Sicherheitsrates warf der Ukraine am Sonntag Provokationen vor.

Die Regierung in Kiew hat wiederholt gewarnt, Russland könne von dem engen Verbündeten Belarus eine neue Front im Norden aufmachen. Zwar hatte Machthaber Alexander Lukaschenko in Belarus stets betont, er wolle sich nicht in den Krieg hineinziehen lassen. Die Ukraine sieht Belarus aber längst als Kriegspartei. Russland hatte zuletzt Tausende Soldaten und Militärtechnik in das Land verlegen lassen. Die Regierung in Moskau hat Spekulationen als "gegenstandslos" und "dumm" bezeichnet, sie dränge den Verbündeten zu einer größeren Beteiligung. Russland hatte Belarus als eine Ausgangsbasis für seine Invasion der Ukraine genutzt.

Waffen seien eingetroffen

Inoffizielle Militärüberwachungskanäle auf Telegram berichteten, seit Jahresbeginn seien mehrere russische Kampfflugzeuge, Hubschrauber und Militärtransportflugzeuge in Belarus eingetroffen - allein am Sonntag acht Kampfflugzeuge und vier Frachtflugzeuge. Reuters konnte diese Berichte nicht verifizieren. Der erste stellvertretende Staatssekretär des belarussischen Sicherheitsrats, Pawel Murawejko, schrieb auf Telegram, die Ukraine habe Belarus provoziert. Man reagiere jedoch zurückhaltend. "Wir verfügen über die notwendigen Kräfte und Mittel, um auf jegliche Manifestationen einer Aggression oder einer terroristischen Bedrohung auf unserem Territorium zu reagieren."

Westliche Militärexperten hatten stets auf das Risiko eines Angriffs aus Belarus auf die Ukraine hingewiesen. Sie halten eine neue Offensive von dort allerdings derzeit für nicht sehr wahrscheinlich, weil unter anderem die Truppenkonzentration zu gering sei. Das ukrainische Militär bezeichnete die Gefahr dennoch als real.

Nach neuen massiven Raketenangriffen am Samstag auf die Ukraine hatte das ukrainische Militär mitgeteilt, dass auch Raketen aus nördlicher Richtung gekommen seien. Dort liegt Belarus. Die Raketen - womöglich ballistische - konnten demnach nicht geortet und zerstört werden. Auch der Luftalarm hatte etwa in der Hauptstadt Kiew wegen der späten Ortung erst verzögert eingesetzt.

Belarus betonte indes den Übungscharakter des Manövers. Es gehe dabei um eine Vielzahl an Fragen, darunter die Organisation einer Luftaufklärung, gemeinsame Luftpatrouillen an den Staatsgrenzen, die Unterstützung für Truppenteile aus der Luft, um die taktische Landung eines Flugzeuges mit Fallschirmjägern, um die Lieferung von Nachschub und die Rettung von Verletzten. Im vergangenen Jahr war ein ebenfalls als Manöver deklarierter russischer Truppenaufmarsch in Belarus nahtlos in den Angriffskrieg auf die Ukraine übergegangen.