Riesige Ausgaben nicht nur für Backwaren und Eis: Die Offenlegung der Zahlungen des brasilianischen Ex-Staatschefs Jair Bolsonaro mit der offiziellen Präsidenten-Kreditkarte hat am Freitag Fragen aufgeworfen. Die Kreditkartenabrechnungen des rechtsradikalen Präsidenten während seiner vierjährigen Amtszeit wurden auf einer offiziellen Website der linksgerichteten Regierung seines Nachfolgers Luiz Inácio Lula da Silva veröffentlicht.

Die Ausgaben gehören zu einer Reihe von tausenden Dokumenten, über die Bolsonaro eine hundertjährige Geheimhaltung verhängt hatte, die sein Nachfolger für hinfällig erklärt hat. Demnach wurden insgesamt 27,6 Millionen Real (nach aktuellem Wechselkurs fast fünf Millionen Euro) mit der Kreditkarte ausgegeben, auf die neben Bolsonaro noch 21 Mitglieder seines Teams Zugriff hatten.

Größten Ausgaben für Lebensmittel

Beispielsweise wurden rund 217.000 Euro während der offiziellen Weihnachtsurlaube Bolsonaros in den Jahren 2019, 2020 und 2021 ausgegeben. Eine Zahlung von fast 13.000 Euro wurde am 2. Jänner 2022 an einer Tankstelle im südlichen Bundesstaat Santa Catarina getätigt, wo Bolsonaro für Aufsehen gesorgt hatte, als er Jetski fuhr, während mehrere Regionen Brasiliens von Überschwemmungen heimgesucht wurden.

Die größte Ausgabe für Lebensmittel ist auch diejenige, die die meisten Fragen aufwirft: Rund 20.000 Euro, die auf einen Schlag in einem bescheidenen Restaurant in Boa Vista im nördlichen Amazonasstaat Roraima ausgegeben wurden. Dies reicht aus, um mehr als 2.000 Portionen des teuersten Gerichts auf der Speisekarte, ein mit Maniokmehl gebratenes Huhn, zum Preis von neun Euro zu bestellen.

Die Kreditkarte des Präsidenten wurde auch verwendet, um in vier Jahren insgesamt 65.000 Euro in einer Bäckerei in Rio de Janeiro zu bezahlen, fast 10.000 Euro davon in zeitlicher Nähe zur Hochzeit seines Sohnes Eduardo. In Eisdielen wurden insgesamt rund 1.500 Euro ausgegeben - bei 62 Einkäufen in fünf Betrieben.

Bolsonaro hatte sich während seiner Amtszeit mehrfach damit gebrüstet, im Gegensatz zu seinen Vorgängern "keinen einzigen Cent" mit der Kreditkarte des Präsidenten ausgegeben zu haben.

Ermittlungen gegen Bolsonaro wegen Krawallen

Nach der gewaltsamen Stürmung des Präsidentenpalasts in Brasília wird nun auch gegen Ex-Präsident Jair Bolsonaro persönlich ermittelt. Brasiliens Oberster Gerichtshof gab am Freitag einem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft statt, den rechtsradikalen Politiker auf eine Liste von Verdächtigen zu setzen, gegen die wegen der Gewalt am 8. Jänner ermittelt werden soll. Bolsonaro hält sich derzeit in den USA auf.

Die Generalstaatsanwaltschaft wirft dem Ex-Präsidenten "Anstiftung und geistigen Urheberschaft" der Krawalle vor. Seine Anwälten wiesen dies entschieden zurück.

Der Oberste Richter Alexandre de Moraes teilte mit, er gebe dem Antrag der Staatsanwaltschaft statt und setze den Ex-Präsidenten mit auf die Ermittlungsliste. Die Generalstaatsanwaltschaft hatte zuvor dargelegt, mit der Veröffentlichung eines Videos, das "die Rechtmäßigkeit der Präsidentschaftswahlen 2022 in Frage stellt", habe Bolsonaro "öffentlich zur Begehung eines Verbrechens angestiftet".

Bolsonaros Anwälte: "Niemals auch nur die geringsten Verbindungen"

Das Video wurde zwei Tage nach der gewaltsamen Stürmung des Präsidentenpalasts, des Kongresses und des Obersten Gerichtshofs durch Anhänger Bolsonaros veröffentlicht und später gelöscht. Die Generalstaatsanwaltschaft argumentierte, obwohl das Video nach den Krawallen aufgenommen wurde, könne es als "beweiskräftiger Zusammenhang" dienen, der "eine umfassende Untersuchung der Handlungen des Angeklagten vor und nach dem 8. Jänner 2023" rechtfertige.

In einer Mitteilung an die Nachrichtenagentur AFP erklärten Bolsonaros Anwälte, dieser habe "niemals auch nur die geringsten Verbindungen" zu den Verantwortlichen für die Erstürmung staatlicher Institutionen gehabt. Die Anwälte machten "eingeschleuste" Akteure für die Gewalt vom 8. Jänner verantwortlich.

Protestierenden erkennen Lulas Wahlsieg nicht an

Vergangenen Sonntag waren hunderte Bolsonaro-Anhänger in der Hauptstadt in das Kongressgebäude, den Präsidentenpalast und den Sitz des Obersten Gerichts eingedrungen und hatten dort stundenlang schwere Verwüstungen angerichtet. Dabei entlud sich ihr Zorn über den Wahlsieg des Linkspolitikers Luiz Inácio Lula da Silva, der sich in einer Stichwahl knapp gegen Bolsonaro durchgesetzt hatte und seit Jahresbeginn im Amt ist.

Die Protestierenden erkennen Lulas Wahlsieg nicht an. Auch Bolsonaro selbst hat dies nicht getan und reiste noch vor der Amtsübergabe in die USA ab. Am Donnerstag wurde bekannt, dass im Haus des Bolsonaro-Vertrauten und ehemaligen Justizministers Anderson Torres ein Dokument gefunden wurde, das Pläne für die "Korrektur" des Wahlergebnisses enthält, die allerdings nicht umgesetzt wurde.

Auch Torres hält sich in den USA auf. Er beteuert seine Unschuld und hat ohne Angabe eines Datums angekündigt, nach Brasilien zurückzukehren, um sich den Behörden zu stellen. Der neue Justizminister Flavio Dino gab Torres dafür bis Montag Zeit. Wenn sich sein Amtsvorgänger bis dahin nicht stelle, "werden wir kommende Woche ein Auslieferungsverfahren einleiten".