Der Fall einer schwangeren Frau löste in ganz Kroatien eine Debatte über das Recht auf Abtreibung aus. Konkret geht es um Mirela Čavajda. Sie ist bereits Mutter eines Kindes und war im sechsten Monat schwanger als sie die tragische Diagnose erhielt. Die Ärzte stellten bei ihrem Fötus einen Gehirntumor fest, der konstant wächst und mittlerweile eine Größe von über sechs Zentimetern aufweist. Ihr Baby werde entweder sterben oder nach der Geburt schwere gesundheitliche Probleme haben, teilte Čavajda den kroatischen Medien mit. Das war am 19. April.

Keine Klinik in Zagreb will Abtreibung durchführen

Čavajda entschied sich für eine Abtreibung. Bis vor wenigen Tagen wurde ihr der Eingriff aber verwehrt. Vier Kliniken in Zagreb wiesen die Frau ab. Als Antwort erhielt sie eine Aufforderung, sich ein Krankenhaus in Slowenien zu suchen und "es dort machen zu lassen". Am Mittwoch folgte dann doch die Genehmigung für die Abtreibung. Ein medizinischer Ausschuss unter dem kroatischen Gesundheitsminister Vili Beroš entschied, dass eine Abtreibung im Fall Čavajda sowohl medizinisch als auch juristisch gerechtfertigt sei. Obwohl sich Beroš zunächst gegen den Schwangerschaftsabbruch aussprach und stattdessen eine Behandlung forderte. 

Geklärt ist der Fall aber damit immer noch nicht. Denn obwohl eine Genehmigung der medizinischen Kommission vorliegt, sieht sich keine Klinik in Zagreb, etwa das Petrova-Krankenhaus, in der Lage, den Schwangerschaftsabbruch entsprechend durchzuführen. Die Begründung: Das Krankenhaus könne gemäß der Entscheidung der zweitinstanzlichen Kommission keine Gesundheitsversorgung leisten. Čavajda könne den Fötus nur lebend zur Welt gebären.

Schwangerschaftsabbruch doch in Slowenien

Mirela Čavajda und ihre Familie beschlossen letztlich sich doch an ein Krankenhaus in Ljubljana in Slowenien zu wenden, um die Abtreibung dort durchführen zu lassen. Die Kosten für den Eingriff sollen dann von der kroatischen Krankenkasse übernommen werden.

Der Fall Čavajda beschäftigt seither das ganze Land. In acht kroatischen Städten demonstrierten am Mittwoch Tausende Aktivistinnen mit dem Slogan "Dosta je" – es istgenug, "dass die Politik über medizinische Behandlungen entscheidet und Frauen dafür die Kosten tragen müssen". Konservative Gruppierungen und die Regierungspartei HDZ hegen eine starke Verbindung zur Kirche, die einen großen Einfluss auf das politische Geschehen im Land hat. Durch die grün-liberale Partei "Možemo" unter Tomislav Tomašević, Bürgermeister in Zagreb, mobilisiere sich zwar ein spürbarer Widerstand. Die Aktivistinnen befürchten jedoch eine schleichende Einschränkung des Rechts auf Abtreibung.

In Kroatien sind Abtreibungen bis zur zehnten Schwangerschaftswoche möglich. In Ausnahmefällen auch später, etwa bei Vergewaltigungen, Inzest oder bei Gesundheitsgefährdung der Mutter oder des Kindes.