Trotz klarer Aufforderung durch Regierungschef Andrej Babis weigert sich der tschechische Gesundheitsminister Roman Prymula seinen Rücktritt einzureichen. Er werde nicht zurücktreten, weil er gegen keine Regeln verstoßen habe, sagte Prymula am Freitag laut der Nachrichtenagentur CTK. Babis hatte zuvor gedroht, den Minister zu entlassen, sollte er nicht zurücktreten. Gemäß der tschechischen Verfassung entlässt der Staatspräsident auf Vorschlag des Regierungschefs die Minister.

Präsident Milos Zeman hatte am Freitag laut Babis Zweifel an der geplanten Entlassung geäußert. Am Nachmittag war daher ein Gespräch zwischen Babis und Zeman im Präsidentenschloss Lany bei Prag geplant.

Ohne Maske

Prymula war in die Kritik geraten, weil er am Mittwochabend beim Verlassen eines Restaurants ohne Maske fotografiert worden war, obwohl die Gaststätten in Tschechien wegen der Corons-Epidemie seit eineinhalb Wochen geschlossen sein müssen. Zudem gilt eine allgemeine Maskenpflicht in Innen- und Außenräumen, es sei denn man hält einen Abstand von mindestens zwei Meter. Er habe an einem Gespräch in privaten Räumlichkeiten des Vysehrader Stifts, nicht in einem geschlossenen Restaurant teilgenommen, argumentierte Prymula. Das Stift verpachtet einen Teil seines Eigentums an ein Restaurant.

Bei dem Treffen in dem Restaurant nahm unter anderem auch der stellvertretende Vorsitzende der populistischen Regierungspartei ANO Jaroslav Faltynek teil. Dieser erklärte, man habe "Dinge bei einem Kaffee besprochen". Regierungschef und ANO-Chef Babis forderte am Freitag auch Faltynek auf, seinen Hut zu nehmen. "Unser Kabinett kann es sich nicht leisten, weiter das Vertrauen der Menschen zu verlieren", so Babis. Prymula sei zweifellos ein Experte, "aber das hätte nicht passieren dürfen", daher gebe es keine andere Lösung als einen Rücktritt des Gesundheitsministers, sagte der Regierungschef.

Prymula hatte Adam Vojtech erst am 21. September als Gesundheitsminister abgelöst. Vojtech war wegen der massiv steigenden Infektionszahlen zurückgetreten. Der Epidemiologe Prymula hatte sich zuvor für eine Verschärfung der Maßnahmen ausgesprochen. In den vergangenen Wochen wurden zahlreiche neue Beschränkungen eingeführt. Seit Donnerstag gelten wieder weitgehende Ausgangsbeschränkungen. Die Menschen sollen zuhause bleiben. Ausnahmen gelten für den Weg zur Arbeit, notwendige Einkäufe, Arzt- und Familienbesuche.

Rekord

Dennoch wächst die Zahl der Neuinfektionen so schnell wie in kaum einem anderen europäischen Land. Am Freitag meldete das Gesundheitsministerium erneut mehr als 14.000 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden in dem Nachbarland, das mit 10,7 Millionen Einwohner vergleichbar mit Österreich ist. 4.777 Covid-Patienten befinden sich derzeit zur Behandlung im Krankenhaus, davon 735 auf Intensivstationen. In Tschechien gibt es rund 134.000 aktiv Infizierte.

Der 56-jährige Gesundheitsexperte war wegen seines entschlossenen Einsatzes als Koordinator der Anti-Coronamaßnahmen während der ersten Infektionswelle im Frühjahr für sein Krisenmanagement gelobt worden. Präsident Milos Zeman wollte den Gesundheitsexperten daher kommende Woche am Staatsfeiertag am 28. Oktober mit einem Staatsorden auszeichnen. Die Verleihung der Orden wurde am Donnerstag wegen der steigenden Infektionszahlen auf kommendes Jahr verschoben.