Und wieder sind wir um einen Patzer und eine Beleidigung durch den ehemaligen amerikanischen Vizepräsidenten und Noch-Umfragen-Spitzenreiter Joe Biden im Vorwahlkampf der Demokraten reicher. „Du bist eine verlogene Pferdesoldatin mit Hundegesicht“, kanzelte Biden eine Studentin bei einer Wahlveranstaltung in New Hampshire letzte Woche ab. Laut Biden ist seine Aussage auf ein Zitat des Western-Stars John Wayne zurückzuführen, jedoch konnte bis dato weder der Film noch das genaue Zitat Waynes bestimmt werden. Biden musste sich in der Vorwahl in New Hampshire mit dem abgeschlagenen fünften Platz zufriedengeben.

"Pferdesoldat"

Die „Pferdesoldat“-Beleidigung war nicht der Auslöser für die jüngste Wahlniederlage, doch vermittelt ein Gedicht über Pferde und Reiter wohl am ehesten die Stimmung in Bidens Wahlkampfteam und unter der Wählerschaft. „Reiten, reiten, reiten. Und der Mut ist so müde geworden und die Sehnsucht so groß“, schrieb Rainer Maria Rilke 1899. Die demokratischen Wähler, auch viele Wahlkampfhelfer sind Bidens müde geworden. Gleichzeitig steigt die Sehnsucht, dass sich endlich ein Kandidat herauskristallisiert, der den US-Präsidenten und Spitzenkandidaten der Republikaner, Donald Trump, die Stirn in der Wahl im November bieten kann.

Bis vor Kurzem war Biden dieser Kandidat. Nach der Niederlage in Iowa fiel er jedoch in einer nationalen Umfrage bei der Frage „Welcher Kandidat ist am besten geeignet, Donald Trump zu schlagen?“ von 29 auf 19 Prozent.

Biden liefert immer das gleiche Bild. Zweimal bereits, 1988 und 2008, stolperte er über sich selbst. In den 1980er-Jahren war es ein Plagiatsskandal ausgelöst durch eine abgekupferte Rede. 2008 wurde er von Barack Obamas überrollt. Bidens politischer Starrsinn, gepaart mit rhetorischen Patzern, ermöglicht es anderen Kandidaten, ihn in die politische Defensive zu drängen, womit auch die Wählergunst schwand.

Der Wahlkampf 2020 scheint bis dato nicht anders zu verlaufen. Biden glänzte weder bei den TV-Debatten noch bei anderen Wahlkampfauftritten. Zuletzt wirkte er müde, gereizt und abgekämpft. Seine rhetorischen Fehltritte sind bereits jetzt legendär. Fox News, das mediale Sprachrohr Donald Trumps, spielt immer wieder den Clip einer Wahlkampfrede vom Sommer, in der Biden meinte: „Wir wählen die Wahrheit über Fakten!“ Das zentrale Argument für eine Kandidatur Bidens war immer „Electability“, Wählbarkeit. Nur Biden, so die Theorie, ist fähig, die notwendige Unterstützung unter weißen, moderaten Demokraten in den wichtigsten Swing States – Pennsylvania, Michigan, Minnesota, Wisconsin – sowie von Afroamerikanern in den Südstaaten zu bekommen.

Vorwahl in South Carolina entscheidend

Vor allem Afroamerikaner gelten für die Demokraten als Schlüssel zum Sieg im November. Die Vorwahl in South Carolina am 29. Februar wird daher entscheidend sein, ob Biden seine Kandidatur fortsetzen kann. 60 Prozent der demokratischen Wähler des Staates sind Afroamerikaner.

Biden führt nach wie vor die Umfragen an, jedoch nur knapp. Laut einer Quinnipiac-University-Befragung fiel die Unterstützung unter der schwarzen Wählerschaft im Bundesstaat für Biden von 49 Prozent im Jänner auf 27 Prozent diesen Monat.

Der Milliardär und ehemalige Bürgermeister New Yorks, Michael Bloomberg, der nicht in South Carolina antritt, ist mittlerweile mit 22 Prozent auf dem zweiten Platz in der Wählergunst der Afroamerikaner. Ein anderer Milliardär, Tom Steyer, rangiert laut Umfragen unter der demokratischen Wählerschaft in South Carolina samt Weißen, Latinos und Asiaten bereits auf dem dritten Platz hinter Bernie Sanders und Biden, dessen Ausgangslage sich rapide verschlechtert.

Biden wird aber mit großer Wahrscheinlichkeit in South Carolina gewinnen, solange er in einer anderen Vorwahl, in Nevada an diesem Samstag, nicht allzu hoch verliert. Ein Dämpfer für Biden ist jedoch, dass ihm die mächtige Koch- und Kellner-Gewerkschaft mit über 60.000 Mitgliedern – die Hälfte davon Latinos – die Unterstützung verweigert hat.

Gewerkschaft bockt

Wie schon 2016 hat sich die Gewerkschaft für keinen Kandidaten ausgesprochen, was ein weiteres Indiz für die Zersplitterung der demokratischen Partei ist und kein gutes Omen für Biden, der als Präsidentschaftskandidat die Partei hinter sich vereinen muss, um sich gegen Trump durchzusetzen.

Sollte Biden in Nevada den vierten oder fünften Platz erreichen und in South Carolina nur knapp gewinnen, werden die Granden der Demokraten – allen voran Barack Obama – den ehemaligen Vizepräsidenten wohl zu überzeugen versuchen, für das Wohl der Partei das Handtuch zu werfen und sich hinter einen anderen Kandidaten oder eine Kandidatin zu stellen.

Eine Entscheidung, die Biden mit Sicherheit nicht leichtfallen wird, aber nur zu gut in das historische „immer gleiche Bild“ des 77-jährigen Vollblutpolitikers passen würde.