Die Hongkonger Regierungschefin Carrie Lam zieht erste Schlüsse aus dem erdrutschartigen Sieg des pro-demokratischen Lagers bei den Bezirkswahlen am Wochenende. Sie räumte ein, dass die hohe Wahlbeteiligung auf die Unzufriedenheit der Einwohner zurückzuführen sei. Lam dankte den Wählern, dass in einer von Gewalt beherrschten Woche die Abstimmung friedlich verlaufen sei.

Die umstrittene Regierungschefin wertete den Verlauf der Wahlen als Signal, dass sich die Menschen in der chinesischen Sonderverwaltungszone ein Ende der Gewalt wünschten. Die Demokraten übernahmen die Kontrolle über 17 von 18 Bezirksräten und konnten damit fast 90 Prozent der 453 Sitze bei den Wahlen am Sonntag auf sich verzeichnen. Der Sieg der Demokraten bei einer Rekord-Wahlbeteiligung stellt die Regierung in Peking vor eine schwierige Aufgabe und erhöht den Druck auf Lam, die wiederholt zum Rücktritt aufgefordert wurde.

Tägliche Proteste

Seit Juni kam es in Hongkong fast täglich zu Protesten, bei denen sich Flashmobs oft mit wenig oder gar keiner Ankündigung versammelten und zeitweise die Regierung, Unternehmen, Schulen und sogar den internationalen Flughafen der Stadt lahmlegten. Die anfangs friedlichen Proteste eskalierten zu immer gewaltsameren Auseinandersetzungen, bis Demonstranten bei der Besetzung einer Universität Benzinbomben schleuderten und Pfeile auf Polizisten feuerten, die mit Tränengas und Gummigeschoßen reagierten.