Nach dem mysteriösen Verschwinden des saudi-arabischen Journalisten Jamal Khashoggiwährend oder nach einem Besuch im Konsulat seines Landes in Istanbul haben die USA eine "gründliche Untersuchung" von ihrem engen Verbündeten Riad gefordert.

"Wir rufen die Regierung Saudi-Arabiens auf, eine gründliche Untersuchung des Verschwindens von Herrn Khashoggi zu unterstützen", sagte US-Außenminister Mike Pompeo in einer von State Department verbreiteten Erklärung. Die USA erwarteten zudem von Riad Transparenz dieser Untersuchung.

Zuvor hatten sich bereits US-Präsident Donald Trump und sein Vize Mike Pence besorgt über das Verschwinden des regierungskritischen saudi-arabischen Journalisten geäußert, der seit seiner Flucht in die USA auch für die "Washington Post" gearbeitet hatte.

"Das gefällt mir nicht"

"Ich bin besorgt", sagte Trump am Montag im Weißen Haus. Er hoffe auf eine positive Lösung. "Im Moment weiß niemand etwas darüber, aber es kursieren einige böse Geschichten. Das gefällt mir nicht." Sollten diese Berichte über den Tod Khashoggis wahr sein, wäre dies "ein tragischer Tag", twitterte Pence. "Gewalt gegen Journalisten weltweit ist eine Bedrohung der Pressefreiheit und der Menschenrechte", schrieb er und forderte Aufklärung. "Die freie Welt hat Antworten verdient."

Der 59 Jahre alte Journalist und Regimekritiker Khashoggi wird schon seit fast einer Woche vermisst. Er betrat das saudi-arabische Konsulat in Istanbul am Dienstag, um Papiere für seine Hochzeit abzuholen, war aber nicht wieder herausgekommen. Nach Dafürhalten türkischer Polizei- und Geheimdienstkreise wurde er im Konsulat ermordet, seine Leiche kurz danach weggebracht.

Ankara erhöht Druck

Ankara hat inzwischen ebenfalls den Druck auf Riad zur Aufklärung des Falls erhöht. Sollte Khashoggi das Konsulat in Istanbul wieder verlassen haben, müsse Saudi-Arabien das beweisen, sagte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan am Montag in Budapest auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban.

Die saudiarabischen Behörden müssten dementsprechende Videoaufnahmen haben, sagte Erdogan. Es sei die "politische und menschliche Pflicht" der Türkei dem Fall nachzugehen. Die Ermittlungen liefen auf Hochtouren. Ziel sei, so bald wie möglich ein Resultat zu erhalten. Seit dem 2. Oktober gebe es jedoch keine Spur von Khashoggi.

Kneissl besorgt

Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) zeigte sich am Montag "sehr besorgt über das, was die barbarische Ermordung des saudi-arabischen Journalisten Ahmad Khashoggi zu sein scheint" und forderte eine eingehende Untersuchung des Falles. Alarmiert zeigte sich die Menschenrechtsorganisation Amnesty International. Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, wäre das ein "entsetzlicher neuer Tiefpunkt", so Lynn Maalouf, Amnesty-Rechercheleiterin im Nahen Osten, in einer am Montag übermittelten Aussendung.

Khashoggi war vergangenes Jahr wegen seiner kritischen Berichterstattung ins Visier der saudi-arabischen Staatsmacht geraten und nach Washington geflohen. Der Journalist war zwischenzeitlich auch Medienberater für einige Mitglieder der Königsfamilie in Saudi-Arabien. Er schreibt nun auch unter dem englisch transkribierten Namen Jamal Khashoggi für die "Washington Post".

Nach Ansicht von Beobachtern ist das Verschwinden Khashoggis kein Einzelfall, sondern Muster einer immer aggressiveren Außenpolitik des 33 Jahre alten saudi-arabischen Thronfolgers, Kronprinz Mohammed bin Salman. Unter anderem gilt er als Initiator der Blockade des Nachbaremirats Katar von 2017, die auch zu Spannungen mit der Türkei führte. Damals unterstützte Ankara das Golfemirat.

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